Gerne folgten einige Vertreter der Baronie Drachenberg der Einladung der Baronin Tamara zu den Festlichkeiten zu Ehren Poenas auf die Grenzburg Niederkamm. Auf unserem Weg quer durch Heligonia übernachteten wir in der Nähe von Breitfurt, das nicht allzu weit von den Aurazith-Minen in der Baronie Tlamana entfernt liegt, im Gasthof “Zum blauen Einhorn”.

Unerwarteterweise wurden Kalfin Mebaal und meine Wenigkeit dort Zeuge eines nächtlichen Rituals, das zu berichten sich lohnt. Exakt zur mitternächtlichen Stunde erloschen alle Lichter in der Taverne, es gab aber keine Panik, sondern alle blieben ruhig an ihren Tischen sitzen. Ein einzelner, kräftiger Mann entzündete eine typische Bergmannslampe, wie sie in den Stollen im Schlangenkamm-Gebirge verwendet wird, und begann laut und deutlich zu sprechen:

 

Ruhe, Ruhe für den Tarduner Mitternachtsschrei!

 

Freunde der späten Stunde,

Hört meinen mahnenden Schrei,

verjubelt in fröhlicher Runde,

zog wieder ein Festtag vorbei.

 

Verjubelt, verqualmt und versoffen,

so wie sich das eben gehört,

steht nun der Himmel uns offen,

denn der Kreislauf ist wieder entstört.

 

Nun rollt in den Adern uns wieder

obrigkeitswidrig, feurig das Blut,

und mit dem Crescendo der Lieder

steigt metgestärkt unser Mut.

 

Zur mitternächtlichen Stunde

wiederholt sich das ewige Wunder:

Helios betagte Runde

wird wieder jugendlich munter.

 

Drum laßt uns der Alten gedenken,

die einst jenen Kult erfanden,

und nachts in allen Schenken

zum Tarduner Mitternachtsschrei sich bekannten.

 

 

Nach uralt, uralt hergebrachter Sitte

ertönt zur mitternächtlichen Stunde

der Tarduner Mitternachtsschrei!

(Alle)   Huiiiii

 

Urväter Art sind wir entsprossen,

wehrhafte, wahrhafte Abenteurergenossen.

Verächter des kärglichen Feengeschlechts,

die mit ihrem verkorksten Magen

nur Milch, oder allenfalls Quellwasser vertragen.

 

(Alle)   Pfuiiii

 

Für uns aber ist das nichts!

 

(Alle)   Nein –  gar nichts!

 

Drum Freunde, laßt uns die Methörner schwingen,

und mit Jubelgesang gen Himmel andringen,

so daß in vielen tausend Jahren

die Köhler im schönen Hüttstadt noch sagen:

„Wetter auf, die soffen’s schön!“

 

Guten Morgen allerseits!

 

Es ertönt das Tarduner Bergmannslied!

(Alle singen mit)

 

 Glück auf, Glück auf!

 Der Steiger kommt,

 und er hat sein helles Licht bei der Nacht,

 und er hat sein helles Licht bei der Nacht,

 schon angezündt,

 schon angezündt.

 

 

 Schon angezündt;

 es gibt einen Schein,

 |: und damit so fahren wir bei der Nacht 😐

 |: ins Bergwerk ein. 😐

 

 Die Bergleut sein

 so hüsch und fein;

 und sie hauen das Aurazith bei der Nacht

 aus Felsgestein.

 

 Der haut Aurazith,

 der andre die Kohl«;

 und dem schwarz-braunen Mägdelein bei der Nacht,

 dem sein sie hold.

 

 Ade, ade, ade,

 herzliebste Maid,

 und da drunten in dem tiefen, finstern Schacht,

 da denk ich Dein.

 

 Und kehr ich heim

 zur Liebsten mein,

 dann ertönet des Bergmanns Gruß bei der Nacht

 Glück auf, Glück auf!

Aufgezeichnet zu Tlamana
im 1. Poëna des Jahres 24 n. A. III
Regald Borgan, Sohn des Parimawaldes

Erschienen in Helios-Bote 12