Am 12. Tag des 1. Poena im Jahre 41 n.A.III. war es nun endlich soweit. Seine Erlaucht würde sein 18. Lebensjahr vollenden und endlich die Regierungsgeschäfte übernehmen. Zu diesem
Anlass wurden alle Personen von Amt und Würden, von Rang und Namen aus Heligonia und dem befreundeten Ausland eingeladen, um dem jungen Herzog die Ehre zu erweisen und dem großen Ereignis in der Herzogenstadt Ankur beizuwohnen. Auch namhafte Künstler wurden eingeladen, Herrschaft und Gäste zu ergötzen. Und so reiste Hoch- und Niederadel Heligonias, Geweihte und Gelehrte, Wohlhabende und Arme in großer Zahl an. Selbst alle wichtigen und bekannten Personen des öffentlichen Lebens zu nennen, würde hier den Rahmen sprengen und so seien hier nur diejenigen genannt, die sich in irgendeiner Form während der Festtage hervorgetan hatten.
Das eigentliche Fest dauerte zwei Tage. Während am 12. Tag des 1. Poena, also am eigentlichen Geburtstag, die feierliche Amtsübergabe stattfand und am Abend ein feierliches Bankett abgehalten wurde, fand am 13. Tag des 1. Poena die Einweihung des Herzog Angilbert Kanals sowie eine Flottenparade zu Ehren des Herzogs statt. Am Abend schließlich endete das Fest der hohen Herrschaften mit einem rauschenden Ball. Für das gemeine Volk wurden währenddessen in Ankur allerorten Feste und Jahrmärkte abgehalten. Diese dauerten eine ganze Woche an.
Die eigentliche Amtsübergabe fand im großen Herzog Rolo Saal der herzöglichen Residenz statt, in dem sich alle Würdenträger Ostariens und Gäste von Rang versammelt hatten. Selbstverständlich waren alle direkten Vasallen des Herzogtums, also die Herrscher der 12 Baronien anwesend, allein die Nordmark wurde lediglich durch den jungen Kapitän des Post- und Kurierschiff Nordschwalbe aus Härtwigs Hafen, Brenzo Reißwasser repräsentiert, was aber die wenigsten erstaunte, glänzt doch unser Bollwerk gegen die Ödlinge bei so vielen offiziellen Anlässen durch Abwesenheit. Die wenigsten scheinen dies allerdings zu bedauern, hört man doch allenthalben von den rohen Sitten, die in dieser Wildnis fern der Zivilisation herrschen sollen. Auch den Vertretern des Pailat sagt man eine übermäßige Weltfremdheit nach, die sie in Ankur stets fehl am Platze wirken lässt.
Nachdem nun alle versammelt waren und Fanfarenstöße die Versammelten zur Ruhe gemahnten, übergab Regentin Walluma das große Siegel Ostariens mit der Marashnatter symbolisch an den jungen Herzogs. Als Zeugen für diesen Akt waren neben hohen Beamten des Königs und einem Reichsritter auch der Primus der Ceridischen Kirche sowie Hochgeweihte aller vier Götter anwesend. Ansonsten verlief die Prozedur in gewohnt ostarischer Manier ohne religiöse Zeremonien. Es wurden allerdings im Laufe der Festtage mehrere ceridische Messen und ogedische Götterrituale angehalten, so daß jeder auf seine Kosten kam und im Namen seines Glaubens um den Segen für den jungen Herrscher bitten konnte. Die notwendigen bürokratischen Formalitäten für die Amtsübenahme waren selbstverständlich bereits im Vorfeld erledigt worden. Als also der offzielle Akt „besiegelt“ war, gab Angilbert I. das Zeichen des Symbols seiner Regentschaft an seine Großmutter zurück und so wurde verkündet, daß Walluma von Carajon fortan als Kanzlerin Ostariens weiterhin maßgeblich an den Regierungsgeschäften beteiligt sein solle. Weiterhin wird sie als Erzvogtin zu Ankur die Geschicke der Erzmark und der Stadt lenken und leiten.
Im Anschluss bekräftigten die Vasallen des Herzogtums erneut überschwänglich Ihre Treue zum Herzog. In nicht enden wollenden „Lang lebe Herzog Angilbert I.“-Rufen endete der offizielle Teil.
Im Anschluss war es am versammelten Adel, dem jungen Herzog zu gratulieren und allerlei Geschenke zu übergeben. Hier wollen wir nun diejenigen Gäste nennen, welche besonders bedeutsam sind oder sich durch ein spezielles Geschenk hervorgetan haben.

Prinz Anselm von Thal, der mit einer größeren Anzahl weiterer Thaler Barone angereist war, übergab dem jungen Regenten ein Wunderwerk der Ingenieurskunst, ein gläsernes Gewächshaus. Besonders bemerkenswert waren dabei die großen Glasscheiben, die mehr Licht in das Gewächshaus lassen als die bisher verfügbaren Butzenscheiben. Besonders die Glashütte der Güldenthaler Vogtei Queres hat aufgrund der Gewächshausbauten des Prinzen in den letzten Jahren erstaunliche Fortschritte in der Glashüttentechnik hervorgebracht. Getragen wurden die Glasscheiben von grazilen Säulen aus Kalaruner Schmiedekunst, die mit allerlei Allegorien die Tugenden des jungen Herrschers darstellten. Schon bald nach den Feierlichkeiten kümmerte sich der Prinz um die Fundamenterrichtung in den herzöglichen Gärten sowie die Verlegung von edlen Blausteiner Marmorplatten. Weiterhin ließ der Prinz einige edle Gewächse aus seinen eigenen Gewächshäusern übergeben, darunter verschiedene Zitrus- und Orangenbäume, sowie die sehr seltene und hervorragend schmeckende Alapasiusstaude.
Eine Delegation aus Seedomee unter der Freigräfin ergriff die Gelegenheit, dem jungen Herzog erstmals die Aufwartung zu machen und die neuen Baroninnen vorzustellen.
Baronin Leabell von Tlamana überreichte dem Herzog ein prächtiges Schwert aus vielfach gefalteten Tlamanerstahl, in dessen Knauf kunstvoll eine aurazithene Maraschnatter eingearbeitet wurde. Die Scheide aus schmuckem schwarzen Leder ist punziert und mit aurazithenen Einlegearbeiten verziert.
Fürst Leomar von Drachenhain überreichte einen schweren Herrschermantel in Purpur, aus feinster hochländischer Wolle, wundervoll bestickt, außerdem einen schweren Falknerhandschuh, der symbolischen für die Auswahl eines Hand aufzuziehenden Drachenhainer Falken steht, sobald Angilbert dazu Zeit fände, verbunden mit einer gemeinsamen Jagdpartie in der Wolfenfelder Jagdkammer. Es folgten einige Drachenhainer Adlige und Offizielle unter ihnen auch Baronin Josephina von Drachenhain, die dem Herzog einen Hirschfänger überreichte, um dessen Ebenholz-Griff sich eine Ostarische Schlange in Silber windet.
Der Fürst von Angaheym, Rimgar Drachenstampfer folgte mit einer kleinen Schar Getreuer und übergab als Ehrenbezeugung ein kleines Faß Uisge und eine schöne Jagdlederrüstung, Schild und Sauspeer aus Angaheymer Fertigung sowie eine Einladung zur Wolfshatz. Nachdem der Fürst einige knappe Worte ob einer erfreulichen Zukunft mit Handel und Hilfe an Seine Erlaucht Herzog Angilbert I. Uriel von Ostarien gerichtet hatte, betonte er, daß der gemeinsame Dienst für den König, Seine Allerdurchlauchtigste Majestät Aximistilius III der höchste Genuß sei. Ein einvernehmliches Miteinander sei anzustreben, der Wunsch nach Frieden und kulturellem Austausch verbinde die beiden Völker und Herzen. Die Geschenke wurden dem Herzog von einem Gefolgsmann des Fürsten begleitet von einigen Sätzen im breitesten Angaheymer Dialekt überreicht. Dem Berichterstatter der Hofgazette war es, möglicherweise zum Glück, leider nicht möglich, die Sätze zu verstehen, weshalb sie hier nicht wiedergegeben werden sollen.
Der Doge von Betis reiste mit einer Abordnung des Betiser Großen und Hohen Rats an. Als Geschenk wurde dem Herzog das Mauskript einer Oper überreicht, die der „in Betis lebende große Sohn Ostariens“ (Heliosbote 72) Wolfgrimm Aramantus Mordshart im Auftrag des Dogen für und über Angilbert persönlich geschrieben hat – ein Zeichen der tiefen Verbundenheit zwischen Betis und Ostarien. Weiterhin wurde Herzog Angilbert I. Uriel zum Bürger des Monats ernannt. Darüber hinaus verkündete der Doge, daß die die von der Regentschaft scheidende Herzogengroßmutter Walluma von Carajon aufgrund besonderer Verdienste für die ostarisch-betiser Freundschaft zur Ehrenbürgerin der Stadt Betis ernannt würde.
Als weiterer wichtiger Verbündeter sei hier noch der Abt von Dunkelstein genannt, der noch einmal den gemeinsamen Zusammenhalt und die geschlossenen Bündnisse beschwor.
An den Feierlichkeiten zur Inthronisation von Angilbert I. Uriel von Ostarien nahm auch die Freiherrschaft Felsental teil. Vor Beginn der Feierlichkeiten fanden diplomatische Gespräche zwischen Ostarien und Felsental statt. Man munkelt, dass die hinter verschlossenen Türen geführten Verhandlungen zwischen Herzog Angilbert und Freiherr Berengar auch die gegenseitige Unterstützung auf See zur Sache hatte. Seit geraumer Zeit existiert ein Flottenabkommen zwischen beiden Ländern, welches von Ostarischer Seite noch vor der Volljährigkeit seiner Hoheit des Herzogs geschlossen wurde. Offensichtlich waren die Konsultationen zu beiderseitigem Gefallen verlaufen, da alle Beteiligten auf dem später am Tag stattfindenden Ball eine dem Rang angemessene gelöste Stimmung aufwiesen. Die offizielle Verlautbarung der Herolde zu diesem Treffen gibt als Ergebnis der freundschaftlichen Gespräche die Einrichtung ständig besetzter diplomatischer Vertretungen bekannt. Dieser Schritt kann nur als weitere Annäherung zwischen beiden Ländern zu verstehen sein.
Als weiterer ausländischer Gast trat eine Gesandtschaft der Stadt Seeburg am Bodenlosen See auf, welche seiner hochwohlgeboren dem Herzog Angilbert I Uriel von Ostarien die besten Wünsche und entsprechend Geschenke überbrachte.
Unter den Vasallen Ostariens seien hier beispielhaft zwei Vertreter genannt:
Baron Karolus von Neuenstein übergab Seiner Erlaucht einen Zuchthengst aus dem Gestüt der Eowar als Geschenk, eine Gabe, die seit 3 Generationen nicht mehr gemacht worden war.
Baron Richard von Arnach überreichte, die von Heliodora von Oggnitz vor genau 100 Jahren zusammengetragenen Originaltexte des ersten Logbuchs Heligonias, das aus unerfindlichen Gründen kürzlich im AAA (Altes Arnacher Arsenal) gefunden wurde. Die Begleiterin des Barons, welche den jungen Herzog anlächelte, war eine unbekannte, hübsche und auffallend junge Hausangestellte. Eine Bürgerliche!
Als Kuriosum sei hier noch der sichtlich angetrunkene Gouverneur des Herzog-Uriel II-Atolls, Jens-Hendrik Nilsson genannt. Er überreichte Angilbert aufwändig gestaltete Miniatur des H.U.II-Marinestützpunkts mit kleinen Spielzeugschiffen, wobei er sich scheinbar im Alter des Thronfolgers um etwa 10 Jahre verschätzt hatte.

Zum Abschluss des Geburtstages Seiner Erlaucht fand ein großes Festessen der geladenen Würdenträger statt. Bis tief in die Nacht wurden unzählige Gaumenfreuden aufgetragen. Es wurden ausgelassene Unterhaltungen geführt, Kontakte geknüpft und den Darbietungen diverser Künstler gelauscht. Beispielsweise nutzten die vielen noch unbekannten Adeligen aus Sedomee hier die Gelegenheit, sich der Öffentlichkeit vorzustellen und Kontakte mit dem Adel und anderen wichtigen Personen zu knüpfen, um unter anderem die Handelsbeziehung nach Norden auszubauen.
Unter den Auftretenden Künstlern sei der unvergleichliche Harald Schönefonte genannt, der ein Medley seiner größten Hits (Eiland im Sonnenschein, Wo ist der Teemon usw.) zum Besten gab. Gouverneur Nilsson war es wohl gelungen den Flamingo-Barden dazu zu überreden, aus gegebenem Anlass nach Ankur zu reisen.
Als „Künstler“ im weiteren Sinne trat dann auch ein Darianischer Gelehrter auf, der sich als Yallas, Ehrenpräsident der freien Akademie der Wissenschaften zu Darbor vorstellte. Er präsentierte dem anwesenden Adel seine Erfindung, ein auf gebogenen Spiegeln basierendes Fernrohr. Dieses, so der Südländer, sei viel leichter und leistungsfähiger, als die bisher bekannten Geräte mit geschliffenen Gläsern. Der militärische Nutzen an Land, bei der Aufklärung über den Zustand der feindlichen Linien, sowie der nautische Nutzen bei Expeditionen zur See und in der Kriegsschifffahrt sei bei entsprechender Weiterentwicklung des Prototyps immens. Tatsächlich gelang es dem Herren die Aufmerksamkeit einiger Vertreter der Admiralität der Ostarischen Marine auf sich zu ziehen. Ja, es war Admiralsekretär Wolfgrimm von Nigramsfall selbst, der versprach, dem Gelehrten eine Demonstration vor einem Expertengremium zu ermöglichen.
So endete der 18. Geburtstag Herzog Angilbert Uriels des I., Herzog von Ostarien.

Erschienen in Helios-Bote 76, Herzöglich-Ostarische Hofgazette