Eine schlechte Nachricht ereilte diese Tage die königliche Schreibstube. Tapfere Recken hatten im 2. Mond der Poena den Wegelagerer und Dieb Savan aus Al`Sabam im Parimawald gestellt, nachdem er Pervai Amer ausgeraubt und sich als dieser ausgegeben hatte. Bei Savans Überführung nach Betis wurde nun die Gefangeneneskorte überwältigt und der Dieb befreit. Ein überlebender Soldat sagte aus, daß es sich bei den Verbrechern, die Savan zur Flucht verholfen haben, zweifelsfrei um den berüchtigten Saroa aus der Betiser Unterwelt handelt. Die Verfolgung von Saroa und seinen Schergen mußte in der Baronie Buchenfels aufgegeben werden, da sich dort ihre Spur verlor. Daher wendet sich der Oberste Stadtrat von Betis, Viastan Amer, an die Bevölkerung Heligonias und bittet diese um ihre Mithilfe. Für die Ergreifung von Saroa und Savan hat er eine Belohnung von je 5 heligonischen Dukaten ausgesetzt. Zweckdienliche Hinweise bitte an die königliche Schreibstube richten.
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Seit dem 23. Tages des 3. Helios herrschen in der Grafschaft Drachenhain Regengüsse und Sturmgewitter. Am heftigsten wüten die Unwetter rund um die Burg Drachentrutz. Unter den Bauern geht ein Wehklagen um, denn die Ernte ist fast vollständig vernichtet. Einzig Rebenhain hatte seine reiche Weinlese bereits im ersten Mond des Xurl eingeholt und somit keine Einbußen zu beklagen.
Glaubhaften Berichten zufolge gehen seltsame Dinge im Ehlerwald von Statten. Bereits der siebte Baumfäller ist innerhalb weniger Monde zu Tode gekommen. Der aufgefundene Leichnam war jedesmal äußerst grausam verstümmelt. Entweder ist es ein schwerer Fall von Hexerey und Zauberey, oder es sind nur abergläubische Behauptungen des Volkes, daß hier ein Wesen am Werke ist, das den Wald vor den Äxten der Baumfäller schützt.
Daher gibt der geschätzte Baron Teemon von Hohenforingen bekannt:
- für die Aufklärung der Todesfälle im Ehlerwald wird eine Belohnung von 5 Dukaten ausgesetzt.
- Um den wahren Glauben, das Ceridentum, endgültig in der Baronie Hohenforingen zu festigen, soll in Quellstedt ein Dom errichtet werden. Jeder Bürger hat bei jedem Gottesdienst eine Spende zur Finanzierung des Domes zu hinterlassen.
Die Einrichtung des Heliosbriefs geht auf den ersten bekannten König zurück, Corenus I, der 469 bis 426 v.A. III regierte. Es wird vermutet, daß sie sogar noch älter ist, aber selbst namhaften Historikern ist noch kein Beweis geglückt. Die Heliosbriefe sind grundlegend für die Macht der heligonischen Könige. Durch sie erhält der Empfänger Rechte und Pflichten direkt von Helios, die ihm durch den Aussteller gewährt werden. Dies kann der König sein, oder aber jemand, der wiederum durch einen Heliosbrief autorisiert wurde. Man spricht hier von einem direkten oder indirekten Heliosbrief.
Der Empfänger des Briefes kann eine Einzelperson, eine Familie oder sonstige Compania sein. Er erhält dadurch die im Brief bezeichneten Rechte und Pflichten und dadurch eine Bestätigung seiner Position. Hier wird auch angegeben, ob der Empfänger weitere Briefe ausstellen darf oder nicht. Solche untergeordneten Heliosbriefe dürfen die Kompetenzen des ursprünglichen Briefes nicht überschreiten.
Im Weiteren wird angegeben, wie und ob der Brief weitergegeben werden kann, z.B. durch Erbfolge oder Verkauf.
Der Besitzer eines Heliosbriefes kann jederzeit untergeordnete Briefe zurückziehen, womit auch die unter diesem liegende ihre Gültigkeit verlieren. Er hat dadurch Macht über alle untergeordneten.
Seine Majestät König Aximistilius Helos III kann somit jeden seiner Untertanen in seine Schranken verweisen und sogar entrechten. Theoretisch könnte er mit dem Entzug von z.B. dem Brief eines Grafen damit alle Bewohner der Grafschaft, die brieflich von diesem Grafen abhängig sind, entrechten. Allerdings könnte er sich unter Auslassung des Grafen auch nur auf einen einzelnen Baron oder sogar Menschen beschränken.
Innerhalb von zwei Tagen erschütterten zwei Erdbeben Poenas Leib im Grenzland von Luchnar zu Tatzelfels. Weder Mensch noch Tier kamen zu Schaden. Die Druiden fragen sich nun, wie dieses Götterzeichen zu deuten ist.
Wie jedes Jahr wird auch in diesem am 15. Tage des 1. Xurl in der Baronie Rebenhain das traditionelle Weinfest zu Ehren der Schutzpatronin Magelona stattfinden. Doch schon jetzt erheben sich kritische Stimmen aus den Reihen der Ceriden. Hauptsächlich wird dabei der unzüchtige Umgang mit der Geschlechtlichkeit nach dem übermäßigen Genuß von Rebenhainer Traubenblut angeprangert. Die nur leicht angekleideten Frauen und unsittlich gewandeten Männer erregen jedes Jahr aufs Neue die Gemüter der Ceriden. Dennoch ist die Bevölkerung, wie auch die Herrschaft in Rebenhain, von dieser Tradition nicht abzubringen, ist sie jedoch seit Jahrhunderten fester Bestandteil der Kultur und Ausdruck der Lebensfreude ist.
Graf Waldemar von Drachenhain bestätigte den Urteilsspruch des Barons von Tatzelfels, Leomar, und ließ diesen vollstrecken. Am Gwontag, den 22. Tag des 3. Helios dieses Jahres wurde der Verbrecher Adveri am Marktplatz zu Drachentrutz vor den Augen des Volkes auf dem Schafott mit dem Schwerte enthauptet. Baron Leomar ließ es sich nicht nehmen dem Schauspiel persönlich beizuwohnen. Nun ist der Gerechtigkeit genüge getan.
Und es begab sich zu der Zeit der Rübenernte in der Baronie Drachenberg zu Drachenhain, daß zwei alte Feinde um die Macht kämpften: Baron Frendal zu Drachenberg und eine Gelehrte namens Moriamis. Beide hatten Gefolgsleute angeheuert, die ihnen ein Kleinod verschaffen sollten, mit dessen Hilfe sie das Land unterjochen wollten.
Der Glückritter Fendioro la Saro aus Darian wurde zusammen mit weiteren Abenteurern von Baron Frendal angeworben, um dessen Interessen zu wahren. Auf der Gegenseite stand die schon genannte Gelehrte Moriamis mit ihren dunklen Schergen. In ihren Intrigen verstrickten sich die Kontrahenten und gingen dabei letztendlich beide zugrunde. Nun oblag es Baron Frendals Halbschwester Richilda die Geschicke der Baronie Drachenberg weiterzuleiten. Dabei wünscht ihr König Helos Aximistilius III ein gutes Gelingen, weise Entscheidungen und eine gerechte Hand.( Die königliche Schreibstube schließt sich diesen Wünschen an.)
Um den 15.Tag des 2. Helios mag es wohl gewest sein, daß Baron Leomar seine Vögte und Vasallen zur Hofhaltung für drei Tage nach Burg Aarhorst zu sich lud. Der Baron wählte seine Jagdburg, da die Renovierungsarbeiten auf Burg Tatzelfels noch nicht ganz abgeschlossen sind.
Es sollte gar viel gegessen, gezechet und gespaßet werden, aber auch die wichtige Politik sollt an diesen Tagen nit vergessen sein, wie der Baron in seinem Aufruf ermahnend verlauten ließ. Schon nach einem Monat war es so weit; tatsächlich erschienen sie alle, angereist mit Karren und mit Reitgetier, istz doch weithin bekannt, daß der Baron seit seiner Genesung (der H.B. 4 berichtete) wahrlich zu festen weiss. Jedem Ankömmling wurde zum Willkommensgrusse eine Schale mit gewürztem Meth kredenzt und als dann am frühen Abend der letzte Vogt und der letzte Rittersmann eingetroffen war, wies der Baron seinen Gästen den Weg herümber zu einer mit Bändern und Wimpeln bunt geschmückten Lichtung. Dort hielte man einen gemeinsamen Götterdienst ab; gedankt wurde den Göttern für die sichere, zwischenfallslose Anreise und gebeten wurde um ein gesegnetes Fest. Hernach sammelte man sich im Festsaale der Burg, um zünftig zu bankettieren. Kurz stellten sich vielen die Frage, ob es ein Fehler im Protokoll gewest sein mochte, daß der ceridische Segensspruch nit erteilt wurde – doch dazu später mehr. Denn jetzt ward nach gutem alten Brauch ein jeder Gast mit Namen vorgestellt, dieses Amt tätigte natürlich der Tatzelfelser Herold Saran, der gleich drauf den Zeitplan für die nächsten drei Tage kund gab. Erst dann konnte das Festen beginnen, die Jungen tanzten, die Alten tranken, aßen und besprachen. Doch allzufrüh ward das Bankett beendet; war doch für den nächsten Morgen in der Früh eine Jagd angesetzt. Jedem, dem es möglich war, streifte da den Jagdrock über und wollt sein Waidgeschick beweisen. Und wahrlich groß war die Beute an Rebhuhn und Fasan, aber auch Hirschkuh und Eber mußten vielmalig ihr Leben lassen. Bis zum frühen Abend ward jedes Tier gebraten und gekocht; derweil fanden der Baron und die Vögte Zeit, im verschlossenen und bewachten Saale über politische Dinge in Tatzelfels zu debattieren. Dies muß wohl sehr hitzig zugegangen sein, passierte doch ein wahrlich garstiger Zwischenfall: Offenbar verlor der Vogt Adovar von Distelwiel während des Kolloquiums von einer Minute zur anderen den Verstand. Er wollte, nachdem man sein empörtes Brüllen sogar schon außerhalb des Raumes hatte vernehmen können, den Baron mit dem Dolche angehen. Man muß dem Vogt wohl Mordabsichten unterstellen, die aber durch das beherzte Einschreiten der Wache vereitelt werden konnte. Vogt Adovar wurde sodann abgeführt und inhaftiert.
Doch auch diese harten Stunden vergingen und wurden wahrlich reich belohnt, den fürwahr groß war die Auswahl an Speis und Trank. Manche aßen und zechten wohl bis in die Morgenstunden. Auch jener nächste Tag begann mit dem Götterdienst. Gleich hernach – nur ein kurzes Essen ward vergönnt – traf man sich nochmals hinter verschlossener Tür, diesmal jedoch, Helios sei gepriesen, ohne Zwischenfall, und redete bis zum Mittag. Alsdann wurde wieder aufgetischt. Kaum, daß alle mit tafeln geendet hatten, gab Herold Saran, die von Baron Leomar und Vogten einhellig beschlossenen Entscheidungen bekannt:
– Die Aussendung von Prospektoren in die Tatzelfelser Gebirge, genauer sei hier der Norden und das Grenzland zu Luchnar genannt.
– die jährliche Wahl einer Methkönigin, jene soll als Repräsentantin bei Festen im In- und Ausland fungieren.
– Ernennung einiger Auslandsbotschafter in naher Zukunft.
– Abdankung einiger alter und verbrauchter Vögte, namentlich jene zu Schattenau, Distelwiel und Erkenay, (darunter natürlich auch Vogt Adovar!).
– Ernennung neuer Vögte, welche allesamt zu Baron Leomars Rittersleute gehören: Helior von Luzenstein (nach Schattenau), Falkenur von Schwarzenbing (nach Erkenay) und Jovana von Rabenweil (nach Distelwiel).
– Verbot der prima noctae.
– Absage an das Ceridentum. Die beiden neuen Klöster zu Schattenau und Distelwiel werden geschlossen und als Siechenhäuser eingerichtet. (Der Schattenauer Abt Radloman reist empört ab), da das Volk nit länger gespalten leben soll. Die alten und neuen Vögte wählten bei Abstimmung einstimmig das Ogedentum als einzige Tatzelfelser Religion.
– Eingrenzung der vögtlichen Macht: Einführung der „Tatzelfelser Statuten“.
– Ankündigung von Ritterschlägen bei dem nächsten Götterdienst.
Nach diesen, für alle überraschend kommenden Reformen, stand nun nur noch ein letzter gemeinsamer Götterdienst an, zu dessen Ende die verkündigten Ritterschläge, bzw. Amtsringe verteilt wurden und von allen Beteiligten der Vasallenschwur erneuert oder frisch abgelegt wurde. Gleich hernach lud man, die sich wundernd tuschelnden Gäste zum Abendbankett, wo noch bis zum hellen Morgen gefeiert und über die Neuigkeiten diskutiert wurde. Am nächsten Tage ward der Vasallentag zu Ende, und was blieb war nur noch abzureisen.
Die diesjährigen Bootswettkämpfe auf dem Brazach konnten erstmals von einem von Mitglied der Herrscherfamilie gewonnen werden. Souverän siegte Baron Beorric mit zwei Bootslängen Vorsprung. Das Volk feierte seinen Herrscher triumphal.
(Auch die Schreibstube gratuliert dem Sieger!)