Boten-Teil: Ohne Botenteil Seite 12 von 13

Die Legende von der Fee aus dem Parimawald

Vor langer Zeit lebte ein armer Fischer in Brazfurt, ein kleines Dorf nördlich von Escandra am Ufer des Brazach gelegen. Seine ärmliche Hütte befand sich nahe dem Parimawald, über den sich die Menschen die seltsamsten Geschichten erzählten. Eines Tages begab er sich in den Wald um Feuerholz zu suchen. Da erblickte er auf einer Lichtung ein seltsames Leuchten. Als er darauf zu ging wurde aus dem Leuchten ein strahlendes Licht und seine Augen waren geblendet. Wie er seine Umgebung wieder wahrnehmen konnte, lag dort auf der Lichtung eine wunderschöne Frau mit schneeweißer Haut und rabenschwarzen Haaren. Zuerst wähnte er sie tot, doch dann konnte er noch ihren schwachen Atem spüren. Er hob sie auf und trug sie nach Hause. Dort erholte sie sich dank seiner aufopfernden Pflege und in ihnen entbrannte das Feuer der Liebe. Viele Monde gingen dahin, doch sie sprach nie über ihre Herkunft und ihre Vergangenheit. Als sich der Tag der Helioswende näherte sprach sie zu ihm: „Geliebter, ich werde Dich für zwei Tage verlassen, um im Wald allein zu sein. Bitte vertraue mir und verfolge mich nicht.“ Wie versprochen kehrte sie nach zwei Tagen in die Fischerhütte zurück und sprach kein Wort darüber, was sie dort im Wald erlebt hatte. So ging das Jahr für Jahr immer zur Zeit der Helioswende. Die Jahre gingen dahin und der Fischer wurde immer älter. Die Frau jedoch behielt ihre Schönheit und Jugend. Oft fragte sich der Fischer nach ihrem Geheimnis, denn er wußte zwar, daß auch den Elfen ein längeres Leben beschieden ist, doch seine Frau war allem Anschein nach keine Elfe. Nach Jahren der Ungewissheit hielt er seine Neugier nicht mehr aus und als der Tag wiederkehrte, an dem sie wieder in den Wald ging, verfolgte er sie. Die Frau lief zu der Lichtung, an der er sie vor vielen Jahren gefunden hatte. Hinter einem Baum versteckt konnte er beobachten, wie sie seltsame Dinge in einen schönen, güldenen Kessel tat und dabei ein Lied sang. Diese Tat nahm die ganze Nacht in Anspruch.  Schon glaubte der Fischer mit einer Hexe zusammen zu sein. Doch als Helios seine ersten Strahlen vom Himmel schickte erschienen auf der Lichtung die Umrisse eines marmornen Gebäudes. Von Nebeln umspielt und in helles Licht getaucht sah er die Frau in dieses Gebäude eintreten. Augenblicke später war das Gebäude und seine Frau verschwunden. Verwirrt über dieses Erlebnis lief er nach Hause.  Wie in den Jahren zuvor kehrte seine Frau am dritten Tage zu ihm zurück. Er gestand ihr seine Neugier und berichtete was er in der Lichtung im Parimawald gesehen hatte. Da brach die Frau ihr Schweigen und erzählte dem Fischer, daß sie aus dem Feenreich gekommen ist.  Von dort wurde sie beauftragt etwas in der Menschenwelt zu suchen, das für die Feen von großer Wichtigkeit ist, was es jedoch ist dürfe sie niemals verraten. Damit gab sich der Fischer zufrieden und er genoß jedes weitere Jahr, das er mit der Fee verbringen durfte. Nach seinem Tode trug sie ihn zu Grabe und verschwand im Parimawald. Noch heute behaupten immer wieder Holzfäller und Jäger, daß ihr liebliches Lied  im Wald zu hören sei, doch sie ward nie wieder gesehen.

Das Land Heligonia

Heligonia wird von vielen Geschöpfen und Kreaturen bevölkert. Nur der untere Teil des Reiches gehört der menschlichen Rasse, die einst über die Jolsee ins Land drangen. Immer wieder gelangen abenteuerliche Geschichten und Legenden über die darüber  gelegenen Landstriche zu den Menschen vor.

Im Nord-Osten Heligonias, im Parimawald, soll eine humanoide Rasse, die sich Quez-Seletan nennt, ihr Unwesen treiben. Nur wenige Augenzeugen haben sie jemals gesehen und die Berichte über sie sind unterschiedlich und verworren.

Östlich des Parimawaldes liegt vermutlich das sagenhafte Elfenreich. Nur gelegentlich wagen sich vereinzelte Elfen bis in die Menschensiedlungen vor. Nähere Beschreibungen über deren Städte sind in keinem Archiv zu finden, denn nur Angehörigen der Waldläufer ist es gestattet die Elfenwälder zu betreten.

Am Ursprung des Jolborns, dem größten Fluß Heligonias, liegen die Drachenzinnen. Ein Paß durch das unwegsame Gebirge ermöglicht einen regen Handel mit dem Nachbarreich Nuremburg.

Der zweite große Strom des Landes ist der Brazach. Sein Quell-gebiet konnte noch nicht erforscht werden. Vermutlich liegen dort die Städte und Bingen des legendären Zwergenreiches Doromanosch.

Die Archivarin und Vorsteherin der königlichen Schreibstube, Talimee, konnte nach langen Bemühungen und unter Zugrundelegung sämtlicher brauchbarer Reiseberichte nun eine einigermaßen zuverlässige Karte Heligonias erstellen. König Helos Aximistilius III hofft nun, daß die zweite Erkundigung die vom Parimawald aus gemacht wird, endlich neue Erkenntnisse über sein Reich bringen. Die erste Expedition hat König Helos Aximistilius III bereits in seinem dritten Regierungsjahr vor zwanzig Jahren entsandt. Leider ist diese seither verschollen.  Selbst ein nachgesandter Aufklärungstrupp verschwand auf ebenso mysteriöse Weise.

Reisebericht des Kenders Aris Kacksi Nervspalter Biperfell

Ich kam gerade aus dem Düsterwald in Schandar, wo ich meinen verlorengegangen Bruder gesucht hatte.  Da traf ich am Straßenrand auf einen netten Mann namens Larius am Kila. Dieser war gerade dabei eine Mahlzeit zu bereiten und er lud mich dazu ein. Dabei erzählte er mir, daß er nach Burg Uhlenstein wolle und er noch einen Gehilfen benötige, der auf sein Gepäck aufpaßt. Ich bot ihm sofort meine Hilfe an und gemeinsam zogen wir mit seinem alten Wagen nach Burg Uhlenstein. Als wir zur achtzehnten Stund dort ankamen hatten sich wohl an die dreißig Menschen im Burghof versammelt. Zuerst begrüßte ich einen netten, rot gewandeten Herren, der sich mir als der Inquisitor Edmond de la Cruz vorstellte. Gleich erzählte ich ihm von meinen Abenteuern. Bei der Geschichte, wie ich mit einem Waldgeist gesprochen hatte, wurde er hellhörig. Bei solchem Interesse wollte ich sofort mit der Geschichte vom Feuerdämonen anfangen, doch Larius hielt mir den Mund zu. Er meinte, daß ich gerne etwas übertreibe und phantasieren würde. Das hat mich doch etwas beleidigt. Doch das verging wieder, als ein Mann mein Interesse erweckte, der mir erklären wollte was Etikette ist (wenn der wüßte, daß ich schon mal ein halbes Jahr am Hofe gelebt habe). Außerdem erzählte er mir, daß Edmond ein Schafshirte sei. Als ich mich so umsah, fiel mir auf, daß noch ein Kender in der Burg war. Sein Name war Ricky Flinkfinger und wir schlossen sofort Freundschaft. Bei einer Burgbesichtigung erzählten wir uns gegenseitig von unseren Fundstücken und Abenteuern. An der Kapelle entdeckten wir, daß das Schloß, welches die Tür vor ungebetenen Gästen schützen soll ziemlich unsicher ist. Mit wenigen Handgriffen hatten wir es geöffnet. Daraufhin schrieben wir dem Schafhirten eine Nachricht, daß er das Schloß lieber auswechseln lassen sollte, schon wegen der Diebe und Einbrecher. Im Laufe meiner Burgerkundigungen stellte ich fest, daß einige der Anwesenden schon mal meine Wege gekreuzt hatten und zwar im Düsterwald und auf dem Sand-berg im Reiche Tikon. Am Abend dann saßen wir zusammen und lauschten den wunderschönen Klängen der Barden, die im Audienzsaal aufspielten. Die Krönung des Tages waren jedoch die vier Torten, die Larius und ich für die Prinzessin von Thal und ihr Gefolge gemacht haben. Am Rande erfuhr ich noch, daß der Schafhirte eine Medizin an sich gebracht hatte, die eigentlich für dessen Bruder Leomar bestimmt war. Der Kleriker Tiberius hatte die Essenz zur Heilung von Leomars Krankheit mitgebracht, doch Edmond wollte die Medizin bei seinem Bruder gegen ein paar Ländereien eintauschen. Leomar ging nicht auf den Handel ein und muß jetzt wahrscheinlich sterben. Am nächsten Morgen saßen wir noch etwas zusammen und  die Hofalchimistin lud mich ein mit in ihrer Kutsche zu reisen. Sie fuhr auch in Richtung Düsterwald, wo ich weiter nach meinem Bruder suchen werde. Der Abschied fiel mir sehr schwer und nun sitze ich hier im Mordorsfelder Humpenkeller, eine Taverne in Synoda und schaue mich nach unvorsichtig verstauten Beuteln um.

Baron Leomar von Tatzelfels geheilt

In der Hoffnung, Baron Leomar zu helfen, machten sich dem Kometen folgend vier Abenteurer auf ins Land Avalon zu reisen. Dort stießen sie auf das Dorf Wolfensgreeve. Seltsame Begebenheiten zwangen sie zu einem längeren Aufenthalt. Von den Dorfbewohnern war zu erfahren, daß dort Graf Ridan seit sage und schreibe 200 Jahren regiert. In dessen Diensten befand sich ein Magus, der offensichtlich ein Mittel gegen das Altern und den Tod gefunden hat. Mit Hilfe der Auffindung eines arkanen Machwerks konnte die Abenteuergruppe an ein Heilmittel gelangen. Eiligst schickten sie sich an diese Tinktur Baron Leomar zu überbringen. Bereits nach einmaliger Anwendung des Heilmittels bewahrheitete sich das Versprechen des Magus und Baron Leomars Genesung führte zu einem endgültigem Sieg über die Krankheit.

Prinzessin Celia von Thal hält Hof

Nach ihrer überstürzten Abreise von Burg Tatzelfels zog Celia sich auf ihren Stammsitz Burg  Uhlenstein zurück. Dort ereilte sie die Kunde über das Erscheinen des sagenhaften Kometen Hyakutake. Nach Aussagen namhafter Astrologen verheißt dieser Komet ein gutes Omen. Und dies sollte sich auch bewahrheiten.  Die in Ausgabe 3 des Helios-Boten erwähnten mysteriösen Umstände über Baron Leomars Aufenthaltsort sind nun geklärt. Er befindet sich derzeit auf Burg Uhlenstein, um sich dort auf seinen Tod vorzubereiten. Die Krankheit, die er sich auf Burg Tatzelfels zuzog, hatte sich nämlich sehr verschlimmert. Aus diesem Grunde reiste der Kleriker Tiberius gen Uhlenstein, um Baron Leomar einen von ihm einbehaltenen verblieben Rest der Essenz zur Heilung seiner tödlichen Krankheit anzubieten.

Edmond de la Cruz, Bruder des Barons, urteilte eigenmächtig, daß diese Essenz zufürderst von seiner Heiligkeit Erzprimus Benedikt Canesius, Abt von Gunara, examiniert werden solle. Er beschlagnahmte die Essenz und reiste unverzüglich nach Gunara. Dort urteilte seine Heiligkeit, daß diese Essenz zu Recht einbehalten wurde, denn ihre überaus große Gefährlichkeit kann keineswegs abgestritten werden. Es stellte sich also heraus, daß Baron Leomar von Tatzelfels ein Opfer tragischer Umstände geworden war. Sein trauriges Schicksal schien besiegelt.

Neuigkeiten aus der Grafschaft Drachenhain

Noch erfreut sich Graf Waldemar von Drachenhain bester Gesundheit. Dennoch erheben sich immer wieder Stimmen, die bezweifeln, ob die Erbfolge des Hauses Drachenhain  gesichert sei. Aufgrund des bekannten Fluchs, der die Kinder Waldemars getroffen hat, ist es diesen nicht mehr gestattet die Grafschaft Drachenhain zu betreten. Doch sollte dieser Fluch nicht gebrochen werden können, wer wird dann die Nachfolge des alten Grafen übernehmen? Der einzige Bruder des Grafen, Wunjo, ist leider schon in seinen besten Mannesjahren einem Jagdunfall zum Opfer gefallen. Sein einziges Kind, Josephina von Drachenhain, ist seither verwaist, da ihre Mutter schon früh verstarb. So gerne sich Waldemar seinen Sohn Leomar von Tatzelfels als  Nachfolger wünschen würde, ist es ihm auch klar, daß falls der Fluch anhält, Josephina die Erbfolge antreten wird. Beim einfachen Volk ist Josephina seit langer Zeit bekannt und beliebt. Schon von Kindesbeinen an begleitete sie ihren Vater auf dessen Jagdausflüge und erlernte so ein außerordentliches Jagdgeschick. Etikette  und  höfisches  Gehabe  waren  ihr  schon  immer ein Greul. Obgleich sie eher von zierlicher Statur ist, führt sie selbst schwere Waffen mit tödlicher Sicherheit und trägt eine eiserne Kettenrüstung ebenso elegant wie ein Festgewand. Die Feiern der einfachen Leute bereiten ihr größtes Vergnügen. Bei diesen Anlässen greift sie auch selbst nach ihrer Harfe oder Drehleier und singt und spielt bis in die Morgenstunden. Selbst den einzigartigen Drachenhainer Dialekt spricht sie fehlerfrei. Gerüchte lassen verlauten, daß Josephina sogar so weit gegangen ist, sich ihren Gefährten aus dem Volk zu wählen. Dies würde auch erklären, warum sie die adeligen Freier, die ihr den Hof machen immer wieder abweist.

Baron Leomar von seiner Burg abgereist

Leider liegen uns über den Verbleib von Leomar keine genauen Anhaltspunkte vor. Hinter vorgehaltener Hand war zu erfahren, dass er sich in Trawonien aufhalten soll. Tatsache sei jedoch, dass er sich an einen unbekannten Ort zurückgezogen hat.

Letzte Meldungen aus Burg Tatzelfels

Zwar konnte Syria Jaldis von den anwesenden Gelehrten und Alchimisten errettet werden, doch brachte diese eine geheimnisvolle und gefährliche Krankheit in Umlauf. Es gehen Gerüchte um, dass es immer noch infizierte Personen geben soll.

Bericht von Leutnant Wolfrik an Hauptmann Greifenberg über den Verlauf der Strafexpedition gegen die Oberwerrner

Krom zum Gruße, werter Hauptmann!

Leider lässt mir unser Kreuzzug gegen die Oberwerrner kaum Gelegenheit, meine Ausbildung zum Offizier zu vervollständigen. Und so fällt mir die Handhabung eines Federkiels noch immer genauso schwer wie die Benutzung von Messer und Gabel. Nach unendlicher Bemühung ist es mir jedoch endlich gelungen, einen Ersatzschreiber für Laars Seehoff zu rekrutieren. Der arme Laars hat sich für einige Monate in einen Tempel zurückgezogen, vermutlich um seine Brandwunden auszukurieren, die ihm Giselher aufgrund seines Hasses gegenüber Magiern zugefügt hatte. Bei meinem neuen Schreiber handelt es sich um die Feenmagierin Elora, die Giselher neulich aus einer etwas prekären Situation gerettet hat. Seitdem schwänzelt sie die ganze Zeit um ihn herum und Giselher ist kurz davor, sich selbst auf einen Scheiterhaufen zu stellen…

Dieses Land Heligonia ist wirklich ein Paradies – für Söldner jedenfalls! Wie bereits in unserem letzten Bericht erwähnt heuerten Korporal Giselher und ich Burg Katzenstein (wie Ihr Euch sicher noch erinnert, ist dies die Burg, die abbrannte, bevor wir dort eintrafen) als Leibwache des Abtes von Dunkelstein und Inquisitor seines Ordens der Ceriden, Edmond de la Cruz, an. Und eine Leibwache ist in diesem von Bürgerkrieg, Intrigen und unfähigen Gardisten heimgesuchten Landen fürwahr bitter nötig, will man nicht um Leib und Gold fürchten! Nach etwa zwei Monaten Dienst als Wache des Inquisitiors, beschloss dieser, seinen Bruder Baron Leomar von Tatzelfels einen kleinen Besuch abzustatten, um eine längst offene Partie Schach zu beenden. Endlich ein festes Ziel vor Augen bat ich Korporal Falk, der sich temporär Arnulf und seinen Mannen angeschlossen hatte, sich Leomars Hofe auf der neuen Burg Tatzelfels einzufinden. Diese Burg steht in der ehemaligen Baronie Beridhan, Leomars Lehen. Viele Beridaner sehen in Leomar jedoch einen Despoten, der einen gewissen Adveri im seinen rechtmäßigen Thron gebracht haben soll. Dieser Adveri Freiheitskämpfer bzw. Terroristen, ihre Bezeichnung hängt davon ab, auf welcher Seite man steht, um sein Recht einzumahnen. Zum Glück dieser Schurken kam Adveri nicht auf die Idee uns unterwegs zu belästigen und so erreichten wir die Burg noch rechtzeitig zum Abendessen. Zum Nachtisch gab es eine Leiche. Seine Eminenz, der Inquisitor, konnte es natürlich nicht darauf belassen, dass ein Mord in den Mauern seines Bruders Burg den Namen der Familie beschmutzte. Also beschloss er, einigen Leuten auf den Zahn zu fühlen. Ich muss seine Art, dies zu tun wirklich bewundern. Irgendwie schaffte er es durch bloße Fragerei, dass die Leute so aussahen, als hätte ihnen Schmied Arnulf auf den Kopf geschlagen. Wir durften einige Verdächtige arrestieren und einen sogar ein wenig foltern. War zwar leider nicht der Täter, aber ein wenig Folter hat noch nie jemanden geschadet (zumindest uns nicht). Entweder war der Mörder Masochist und liebte die Folter, oder wir hätten zwecks der Abschreckung doch noch ein paar Leute „befragen“ sollen, jedenfalls hat er gleich noch mal zwei Personen ins Jenseits befördert. Pech, dass sie keine kompetente Leibwache hatten. Im Lauf der nächsten Tage klärten sich die Morde dann jedoch auf. Naja, eigentlich wären mir unaufgeklärte Morde lieber gewesen, da kriegt man beim Drübernachdenken nämlich weniger Kopfschmerzen. Irgendwie hatte das Ganze etwas mit einer alten Frau zu tun, die die Finger nicht von einer Maschine mit mehr als drei Schrauben lassen konnte und dadurch eine sehr ansteckende Krankheit hervorrief, dazu kamen zwei Katzen, die sich in ihrem Labor rumtrieben, und ein recht merkwürdiges Buch über Kriegsführung. Irgendwann ist dann das Labor abgebrannt (Ursache Brandstiftung. Dies ist nun schon die zweite Burg in Folge, die wir nicht angezündet haben!) Außerdem ist Schmied Arnulf jetzt ein Werwolf. Zwischendurch gab es einen Bauernaufstand und die Rebellen stürmten die Burg. Der Mörder war übrigens der Stallbursche. Die Oberwerrner hätten so einen Wirrwarr nicht besser hingekriegt.

Wundert mich sowieso, dass nicht noch mehr schiefgegangen ist. Wenn einfach jeder so mir nichts dir nichts in die Burg kommen kann, weil die Wache gerade in der Taverne den Met bewacht, Leomar trotz der Morde mutterseelenallein durch die Burg schwadroniert und jeder ungestraft mit Feuerstein und Zunder rumspielen darf. Dann gab es auch noch eine Kreatur aus den Sumpflanden, die ganz gut in Giselher Sammlung ekliger Dinge gepasst hätte. Sollte mal was gegen trockene Haut unternehmen, war voller schimmelgrüner Schuppen. Diese Kreatur hielt wohl nicht viel von Gastrecht und hat etwas geschmiedet. Giselher meint es wäre ein Kompott. Scheinbar hat in Tatzelfels jeder das Recht im Schloss Waffen zu tragen und unliebsame Zeitgenossen zu belästigen. Jedenfalls beschloss dieses Wesen mit der ungesunden Haut und der gespaltenen Zunge mit ein paar Spießgesellen dem Inquisitor mitten im Thronsaal ein paar Löcher in das Samtgewand zu pieksen. Wir brachten seine Eminenz sofort in ein angrenzendes Turmzimmer und verrammelten die Türe. Der Inquisitor verschwand durch einen Geheimgang und Giselher und ich blockierten die Türe, bis sein Vorsprung groß genug war. Dann baten wir Häuptling gespaltene Zunge und seine Mannen herein. Ein Zehn zu Eins-Übermacht wäre eigentlich kein Problem gewesen. Der Inquisitor war weg und mit etwas Verhandlungsgeschick und einigen Kisten Bier aus der Taverne hätten wir wohl in einem Saufgelage mit unseren Widersachern einen glorreichen Sieg erzielt. Irgendwann wollte die Palastwache auch etwas Spaß haben und beschloss einzuschreiten. Der Möchtegern-Krieger, der sich mit seinem Messer an meiner Kehle abstützte, zog es vor, seine Klinge durchzuziehen. Habe ein Kopfgeld auf seine Identifizierung ausgesetzt. An dieser Stelle möchte mich auch bei allen Heiler bedanken, die mir das Leben gerettet haben.

Am nächsten Tag wurde so etwas wie Gericht gehalten. Verhandelt wurde über einige Kleinigkeiten, der Meuchelmörder und seine Spießgesellen durften in aller Ruhe zusehen. Aber darum werde ich mich jetzt persönlich kümmern. Giselher gefiel die Sache auch nicht so ganz und so verabschiedeten wir uns von Edmond und verließen den Ort, bevor Giselher seine Streichhölzer fand. Zum Abschied bedankte sich Edmond bei uns, indem er uns zu Hauptleuten seiner Dunkelsteiner Garde ernannte. Außerdem erhalten Giselher und ich jetzt eine monatlich Zuwendung von je zwei heligonischen Dukaten. Dies entspricht etwa dem jährlichen Staatshaushalt von Euerbach. Giselher und ich werden natürlich die Hälfte des Betrages dem Wiederaufbau Niederwerrns zu Gute kommen lassen und mit dem Rest unseren Lebensunterhalt bestreiten.

Die hübsche Prinzessin Celia von Thal war übrigens hocherfreut uns wiederzusehen. Dies hatte zwei Gründe: erstens weiß sie aus Erfahrung, dass sie in unserer Nähe sicher ist und zweitens hatte sie durch uns wenigstens noch zwei andere Personen außer ihrer charmanten Leibwächterin Iridal, die ihre Anwesenheit überhaupt bemerkten.

Untertänigst

Wolfrik

P.S.: So eine Inquisition ist übrigens recht praktisch. Man muss sich nicht dauernd den Kopf zerbrechen, warum man jemanden verhaften und foltern will. Können wir so etwas nicht auch zu Hause einführen?

Archivar Jeremias Forschungsbericht

Lange und intensive Nachforschungen in der Bibliothek des Schreibers Jeremias haben aufschlußreiche Dokumente zu Tage kommen lassen, aus denen sich die dunkle Vergangenheit der ehemaligen Burg Beridhan fast vollständig rekonstruieren läßt.  Alte Schriften und Legenden belegen das unheilvolle Treiben des Herzogs Aroben, der vor über 200 Jahren der Burgherr der jetzigen Burg Tatzelfels war. Auch gewann er einen Einblick in das Schaffen des legendären Gelehrten Vahrim.

 

Die dunkle Vergangenheit der Burg Beridhan

Vor zwei Jahrhunderten lebte im Herzogtum Beridhan Herzog Aroben. Dieser hatte als Angehöriger des niederen Adels sein Leben begonnen, aber sein kluger Geist und sein Talent für Strategie und Taktik ließen ihn einen steilen Aufstieg erleben.  Aroben war zu seiner Zeit berühmt für sein Geschick im Krieg und in der Diplomatie. Jedoch war er berüchtigt für seinen grausamen Charakter und seinem rücksichtslosen Umgang mit denen, die ihm unterlegen waren. Selbst sein Sohn und seine Tochter litten unter ihm.

Schon früh wurden auch die Kinder im Können des Vaters unterrichtet, doch nie konnten sie dem Urteil des Vaters genügen.  Aroben alterte und wurde schließlich gewahr, daß er eines Tages sterben würde, ohne sein Lebenswerk einem fähigen Nachfolger zu hinterlassen. Dies grämte ihn und als er nach einer Lösung suchte, geriet er an die Magie.  Er beriet sich mit Vahrim, einem Alchimisten und Magier, dessen Ruhm weit über seine Zeit bis in die unsere reicht.  Aroben gewährte ihm fast unbegrenzte Mittel zur Forschung, damit dieser für ihn eine List gegen den Tod fand. Vahrim hatte Forschungen über die Natur des Lebens betrieben, war aber bisher weniger an seinem Können, als vielmehr an der Moral der Gesellschaft gescheitert. 

Aroben gab ihm aber nun die Möglichkeit, sich über diese Hindernisse hinwegzusetzen.  Nach langer Zeit der Forschung konstruierte Vahrim einen Apparatus, mit dem es möglich war die Essenz des Lebens aus einem Lebewesen zu gewinnen.  Bei Anwendung dieser Essenz konnte man das Alter und den Tod aufhalten. Der Preis dafür war jedoch das Leben dieses anderen Lebewesens. Nach den alten Aufzeichnungen verschwand Vahrim, nachdem er sein Werk vollbracht hatte. Die Lebende besagt, daß er durch seine Erkenntnisse sogar noch heute irgendwo im Verborgenen leben soll.

Aroben lebte also nun länger als die Natur es für ihn vorgesehen hatte.  Lange Zeit herrschte er und es kamen Gerüchte auf, daß es sich bei ihm um ein widernatürliches Wesen handelt.  Dafür sprach auch die Tatsache, daß immer wieder Menschen auf der Burg verschwanden.  Von diesen Begebenheiten zeugen heute auch noch Gruselgeschichten und Märchen. Aroben führte seine Eroberungen fort, bis eine Grafschaft – Purpurfeld mit Namen – ihm trotzte.  Nur mit Mühe und dem Können der Gräfin Isabel konnte Purpurfeld überleben.  Dennoch war es nur eine Frage der Zeit, bis auch sie Aroben zum Opfer fallen würden.  Überraschender Weise bat Aroben die Grafschaft um Friedensverhandlungen auf seine Burg.  Als Sicherheit überließ er Purpurfeld seine Tochter.  Dennoch ermeuchelte er die Gesandtschaft und nahm Isabels Essenz in sich auf.  Ihre Widerstandskraft war zu seiner Lebenskraft geworden.  Der Tod wurde damals als Überfall getarnt.  Purpurfeld wurde in den folgenden Wochen ohne großen Widerstand überrannt.  Unter den Gesandten befand sich der Barde Lukan Rabensang, der die Dame Isabel zu seiner Minnedame gewählt hatte. Er selbst war nicht adlig, um Isabel aber beminnen zu können, täuschte er einen solchen vor.  Als Isabel nicht aufgefunden wurde, da sie ja dem Apparatus zum Opfer gefallen war, forschte der Barde nach.  Er fand heraus, daß Aroben Unseeliges trieb und der Tod seiner Dame ihm anzulasten war.  Er schwor sich, daß er nicht eher ruhen würde, bis die Tat gerächt war. Nach langen und vorsichtigen Vorbereitungen stellte er Aroben.  Im Labor des Apparatus fochten sie gegeneinander, wobei die Maschine zerstört wurde.

Aroben schaffte es in ein anderes Zimmer zu flüchten, wohin ihm auch Lukan folgte.  Im Gefecht entbrannte ein Feuer, das durch eine umgefallene Kerze ausgelöst wurde.  Lukan rannte aus dem Zimmer und hielt die Tür zu.  An der Tür selbst befand sich allerdings kein Riegel und auch war nichts zum verkeilen der Tür erreichbar.  Er hatte also nun die Wahl, die Tür weiter zu versperren, Aroben zu richten und dabei selbst zu sterben, oder sein Leben und damit auch Arobens zu retten.  Ob seines Schwures entschied er sich für den Tod. Nach Arobens Tod wurde er in der Gruft der Burg begraben und mit ihm alle Dokumente und Utensilien, die von seinen unheiligen Taten zeugten, ebenso die Überreste des Apparatus.  Wie befürchtet zersplitterte das Herzogtum.  Die umliegenden Reiche verleibten es sich unverzüglich ein, wobei die Kinder fort gejagt wurden.  Nie wieder sollte diese Familie so viel Macht erlangen können. 

Der Rebell Adveri von Beridhan

Dennoch überlebte das Geschlecht und agierte von nun an im Untergrund.  Unter dem Deckmantel des Einsatzes für das Wohlergehen des Volkes, versuchten sie wieder ihre alte Position einzunehmen.  Heute ist der Anführer der Rebellen ein junger Mann namens Adveri von Beridhan. Er ist  ein legitimer Nachkomme Arobens. Er wird vom Volk des ehemaligen Beridhans als Held verehrt.  Es ist offensichtlich, daß das, was früher Beridhan gewesen war, heute ein spannungsgeladenes Pulverfaß ist, in dem verschiedene Interessen zum Tragen kommen. Durch diese Zerrüttung und die Unfähigkeit nachfolgender Barone ist dieser Landstrich heute ein Reich des Elends. Um die Wogen zu glätten, erklärte der alte Fürst von Thal, Khelvan, daß Adveri nicht mehr als Verbrecher gelten solle.  Er versprach ihm, ihn als Baron in seiner alten Heimat einzusetzen, um so der Feindschaft und den Unruhen ein Ende zu bereiten. 

Dieses Versprechen war aber nur eine politische Finte und war nur mündlich geschehen.  Der unfähige Baron Windjon, der Adveris Vorgänger hätte sein sollen, verstarb unglücklich bei einem bisher noch nicht ganz geklärten Jagdunfall.  Khelvan mußte nun seinen kurzsichtigen Worten Taten folgen lassen.  Sein groben Fehler einsehend, dankte er an seinen Sohn Bartha ab.  Der neue Fürst von Thal ließ den nur mündlich vereinbarten Vertrag nicht gelten und vertröstete Adveri auf bessere Zeiten. Bartha hatte nämlich schon andere, lukrativere Pläne diesbezüglich gefaßt.

Baron Leomar von Tatzelfels neuer Burgherr auf der ehemaligen Burg Beridhan

Graf Waldemar von Drachenhain trat an ihn heran, um mit ihm einen Handel abzuschließen.  Dieser Handel drehte sich um den Tausch der Baronie Beridhan gegen eine ungleich reichere Baronie im Süden Drachenhains, die an Thal angrenzte: Güldental.  Der Grund für diesen Tausch ist der Fluch derer zu Drachenhain.  Der Vater sah darin eine Möglichkeit, den Fluch zu umgehen, da sich Beridhan außerhalb der Grenzen Drachenhains und damit außer Reichweite des Fluches befand. Somit schuf er seinen Nachkommen eine neue Heimat.  Dieser Handel war Thal nicht unrecht, da es sich so einer unbequem gewordenen Provinz entledigte. Waldemars Kinder, die bereits bestens bekannt sind, zogen nun zur ehemaligen Burg Beridhan, um die erste Amtshandlung Baron Leomars zu feiern: die Umbenennung der Burg in „Burg Tatzelfels“.  Zu diesem Anlaß lud Baron Leomar die Bevölkerung auf seine Burg ein. Es sollte ein rauschendes Fest stattfinden. Barden und Gaukler aus allen Teilen Heligonias gaben ihre Kunst zum Besten.

Unruhen auf Burg Tatzelfels

Die Zeit des leichten Lebens sind nun für Baron Leomar vorbei. Die Pflichten, die die Burgübernahme mit sich bringen sind beträchtlich. Schon am Tage seiner Anreise waren Unruhen zu vermelden. Adveri von Beridhan hatte offensichtlich nicht die Absicht, die Burg kampflos zu übergeben. Jede Gelegenheit die Feierlichkeiten zu stören, wurde von ihm genutzt. Sein Terror gipfelte darin, daß er ein unschuldiges Bauernkind entführen und ermorden ließ. Doch damit hatte er sich den Zorn der Bevölkerung zugezogen, die nun nicht mehr bereit war an seiner Seite zu kämpfen. Somit konnte Adveri von den Wachen Leomars dingfest gemacht werden. Derzeit wird er vom Kerker der Burg Tatzelfels nach Drachenhain überstellt, wo ihn der Richterspruch des alten Grafen Waldemar erwartet.

Das Erbe Arobens

Wie bekannt hat sich Leomars Schwester Syria Jaldis der Wissenschaft verschrieben. Seit längerer Zeit forschte sie nach dem sagenhaften Jungbrunnen, der sich auf der Burg verbergen soll. In aller Heimlichkeit schaffte sie die verbliebenen Schriften und Reste des sagenumwobenen Apparatus in ihr Labor. Im verborgenen Turmzimmer versuchte sie ihre Erkenntnisse umzusetzen und wollte mit Hilfe des Apparatus die lebensverlängernde Essenz herstellen. Doch ihre Versuche schlugen fehl und das Experiment gipfelte darin, daß sie zwar kurzfristig jünger wurde, dann aber in doppeltem Maße alterte. Um ihre Forschungen zu einem befriedigendem Ergebnis zu führen, wollte sie Aroben selbst zu seinem Geheimnis befragen. Deshalb schloß sie die Reste des verbrannten Körpers Arobens an den Apparatus an und erweckte ihn schließlich wieder zum Leben. Gemeinsam gelang es ihnen die Essenz des Lebens zu gewinnen. 

Der Versuch an einem Menschen widerstrebte Syria und sie versteckte die gewonnene Essenz. Für Syria war jetzt die Zeit gekommen Aroben zu töten, doch dieser hatte ihre Aufschriebe diesbezüglich gelesen. Syria hatte aus Gewissensgründen ein Tagebuch geführt, worin sie ihre Sorgen und Hoffnungen niedergeschrieben hatte.  Aroben kam ihr zuvor und schlug nieder. Er verband sie mit dem Apparatus und versuchte wieder die Essenz eines Menschen zu destillieren.  Doch die Maschine drohte zu zerspringen. Aroben schaffte es  nicht, die Explosion zu verhindern.  Die Maschine wurde dabei teilweise zerstört. Syria alterte durch den Entzug ihrer Lebenskraft, starb aber nicht und Aroben fiel in Ohnmacht.

Das Ende Arobens?

Als er wieder erwachte und erkannte, was geschehen war vernahm er aufgebrachte Stimmen von draußen. Die Beweismittel versteckte er in der Burg an verschiedenen Orten und trank die letzten ihm verbliebenen Ampullen.

Die Verunreinigungen der Essenz kamen durch diese Überdosis zum tragen: sein Geist war verwirrt und wahnsinnig und sein Körper zerfiel mit rasender Geschwindigkeit.

Irgendwo auf der Burg legte er sich nieder und begab sich in die Arme des Todes.

Syria lebte zwar noch, aber ihre Lebenskraft schwand dahin. Geistig verwirrt und senil wandelte sie durch die Gemächer der Burg. Von dem Major Domus wurden die Bediensteten angewiesen Stille zu waren, er selbst teilte Leomar die Merkwürdigkeit mit. Leomar bat daraufhin Magier und Alchimisten die zum Fest wegen der Lösung seines Fluches geladen waren, zu sich. Die weitaus dringlichere Angelegenheit war nun die Errettung seiner Schwester.

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