Helios-Bote

freies und unabhängiges Mitteilungsblatt des Landes Heligonia
Im 2. Helios, 52 n.A.III
Ausgabe 85
Fernrohr (Nicht-Königreich)
Ein Blick über das Gebirge nach Süd-Nuremburg

Werte Leserschaft, immer wieder lesen wir von Menschen, die aus dem Süden von Nuremburg den Weg über das Gebirge wagen, um Sicherheit und Schutz zu suchen. So ganz genau weiß niemand zu sagen, was in diesem einst so stolzen und stabilen Reich vor sich geht. Ganz offensichtlich aber ist das Land tief in einen grausamen Bürgerkrieg versunken, mit Kriesgsbanden, Resten von Ordnungsmacht und heillosem Durcheinander. Von dort ist auch ein Lied über das Gebirge zu uns gekommen; es erhellt nicht die Details des Bürgerkriegs und seiner Fronten, aber es gibt einen Einblick in den Zustand des Landes und der Seelen der Menschen, mehr als eine gelehrte Abhandlung.

Der Tod im Nurem

Der Tod reit´t auf einem kohlschwarzen Rappen
Er hat eine undurchsichtige Kappen
Wenn Landsknecht´ in das Feld marschieren
Läßt er sein Roß daneben galoppieren
Nurem in Not
In Nuremburg reitet der Tod

Der Tod reit´t auf einem lichten Schimmel
So schön wie ein Sternbild vom Himmel
Wenn Mädchen ihren Reigen schreiten
Will er mit ihnen im Tanze gleiten
Nurem in Not
In Nuremburg reitet der Tod

Der Tod kann auch die Trommel rühren
Du kannst den Wirbel im Herzen spüren
Er trommelt lang, er trommelt laut
Er schlägt auf eine Totenhaut
Nurem in Not
In Nuremburg reitet der Tod

Als er den ersten Wirbel geschlagen
Da hat´s das Blut vom Herzen getragen
Als er den zweiten Wirbel schlug
Den Landsknecht man zu Grabe trug
Nurem in Not
In Nuremburg reitet der Tod

Der dritte Wirbel ist so lang gegangen
Bis der Landsknecht vom Einen den Segen empfangen
Der dritte Wirbel ist leis und lind
Als wiegt eine Mutter in Schlaf ihr Kind
Nurem in Not
In Nuremburg reitet der Tod

Der Tod kann Rappen und Schimmel reiten
Der Tod kann lächelnd im Tanze schreiten.
Er trommelt laut, er trommelt fein:
Gestorben, gestorben, gestorben muß sein.
Nurem in Not
In Nuremburg reitet der Tod

 

(Text verändert von Steffen Heiß nach Laura von Wolzogen, Originaltext und Musik 1876-1945)

Tanzbär
Winterfreuden

Wenn der Schnee sanft vom Himmel fällt
die Welt von weißer Pracht bedeckt,

Kerzenlicht die Nacht erhellt,
erst spät von Helios geweckt

seh ich die zauberhafte,
winterliche Wunderwelt.

Und wenn Magisters krumm Gestalt
sich dann aus seiner Gruft bewegt

sorg ich dafür, dass dort alsbald
sein grässlich Grinsen ihm vergeht.

Denn wer hat Tadel mir gegeben,
grund- und zudem ehrenlos

muss mit meiner Rache leben
mit gefrorenem Geschoss.

Ich freu mich, wenn es ist so weit
in wunderbarer Winterzeit.

Matilda Luna von Sarras

Weiß und schwarz

Die Welt ist dick weiß eingedeckt.
Der Schnee knirscht. Ich gehe
dem Waldsaum zu, an dessen Eck
und dann entlang in frischer Helle.

Zwischen Wald und zugeschneitem
Nussbaum in der grellen Helle
des blendenden weißen
Schnees schweift frei der Blick.

Schwarze sitzen im Baum.
Raben aufgeplustert, bewegen sich kaum
nur ihr Kopf folgt mir einsamem Wanderer
bewegt sich ja nichts anderes.

Starr die Augen, unergründlich,
Rabenaugen, was saht ihr?
Aas von Erfrorenem, Verhungertem,
Erschlagenem, Verlorenem?

Herbstkörner, abgefallen bei
der Bauern fröhlicher Ernte?
Tränen und Lachen, Freud und Leid
wie es kommt und geht aus und in die Ferne?

Die Raben, sie denken wohl nichts
weiter und wenn dann heiter
und ganz ohne Bosheit
„Geht er, ist er weg, fällt er um, ist er Speise.“

Magister Linhard Binder

[Ohne Titel]

Soweit man schaut der Himmel blau,
soweit man sieht die Woken grau,
Teils aus Ruß, teils aus Staub,
Fällt Schnee hinab wie einst noch Laub.

Menschen nun das Draußen meiden
Tiere alleine, unbemerkt leiden,
Jeder hungert, jeder friert,
Alles Froh hat sich verirrt.

Ab und zu ein Licht zu sehen,
Inmitten zahlreicher Schneewehen,
Verspricht Wärme, verspricht Trunk
Bevor es wieder vom Winter umrankt.

Das feste Weiß, von der Kälte genährt,
Alle Türen und Fenster es versperrt,
Scchließt Menschen ein, lösst sie nicht sehn,
Was draußen alles ist geschehn.

Ein Teppich so weich, doch wir können nicht drauf gehen,
Ein Farbenspiel so bunt, doch wir hönnen es nicht sehen,
Eine Ruhe so leis, wir können sie nicht hören,
Eine Welt so friedlich, lass uns sie nicht stören.

Fiona Ährengrund

[Ohne Titel]

So kalt, nur eines kann es sein,
Die Saarkamonde kommen wieder heim,
wir begrüßen sie, unsere Arme weit offen,
In unseren Häusern, fest die Türen verscchlossen.

Während sich draußen die Landschaft neu erfindet,
Drinnen eine Flamme im Kamin sich windet,
Wärme füllt den Raum, Kälte dringt herein,
Ein unendlicher Kampf, bis sie sind ein.

Die Bäume sind schon längst aus Eis,
Zusammengebrochen unter Mengen aus Weiß,
Gras unter einsamen Schritten klirrt,
Der Ton verlassen durch die Kälte klirrt.

Doch wir sind sicher, bei uns ist es warm,
Die Stürme des Winters, nur eine Illusion, die wir sahn,
Die lauert da draußen, dringt nicht zu uns ein.
Nun auf ein frohes Fest, mit viel Bier und Wein.

Fiona Ährengrund

[Ohne Titel]

Ich wandere des Tals entlang,
viele Monde hin und her,
und suche nach dem Winter,
das Tiefland liegt ohne Schnee,
und dennoch bitterkalt
spüre ich des Winters Hand,

„Nach oben müsst ihr“,
sagen die Leut,
„ins Hochland führt Euch Euer Weg.“
„Ins Hochland?“,
fragen andere dann.
„Im Winter ist’s ein tödlicher Weg.“

Und dennoch, trotz Warnung, durchs Versprechen gelockt,
reißt es mich ins hohe Land,
und trotz Bedenken, Angst und Zittern,
wage ich den ersten Schritt,
und statt schrecklichem Gewetter,
führt mich mein Weg ins Glück.

Die Saarkazeit, so wird’s genannt,
die Zeit, die färbt das Hochland weiß,
die Zeit des Eises und der Kälte.
Ja genau, die Saarkazeit,
ist es, was mich nun hier hält.

Ênya Baumrose

Ausgabe 85 des Helios-Boten im Juli 2024
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Berichte von Carolin Gehl, Steffen Heiss, Felicitas Joos, Aurora Breuer