der Thesis aus dem Prolog der Novella philosophica Ueber die Aesthetik der Neuen Zeit, von Muran Domicelsius von Amens, 996 NZ, Bibl. zu Amens, mit Thesen ueber das Wesen der Empfindsamkeit des Menschen; Kopie der Abschrift der Stiftsbibliothek der Abtei Dunkelstein zu Falkenberg, cum privilegio regis.

Wir haben die Empfindsamkeit als Einklang des eigenen Wesens mit der Welt definiert (Erstes Volumen). Betrachten wir nun die Natur dieser Verbindung, wobei wir uns vorab vergegenwaertigen, dass wir uns bereits auf der Ebene des Einklangs, nicht mehr der einer rein materiellen Betrachtung befinden.

Jeder Sinneindruck vermittelt uns eine Information ueber einen Gegenstand, unabhaengig davon, ob dieser nun koerperlich vorhanden oder ein Abstraktum darstellt. Diese In-formation ist nun zunaechst eine Botschaft diese Gegenstandes an jedes sinnfaehige Wesen in seiner Umge-bung (und in sehr eingeschraenktem Masse auch an alle anderen Ge-genstaende: Ein Stein ueberzeugt z.B. durch seine blosse Botschaft seiner eigenen Existenz einen auflie-genden Stein, nicht dessen Platz ein-zunehmen).

Innerhalb dieser Botschaften muessen wir nun differenzieren zwischen einer ideelen Komponente (1) und einer ae-sthetischen Komponente (2). Hierbei will uns die ideele Komponente ver-mitteln, was vermittelt werden soll, waehrend uns die aesthetische Komponente darueber aufklaert, wie etwas vermittelt werden soll. Diese beiden Komponenten sollen zunaechst im Einzelnen und schliesslich im Ver-haeltnis zueinander (3) untersucht werden.

ad 1: Im Mittelpunkt der ideelen Verbindung steht die Intention bzw. der Inhalt der Botschaft, kurz: eine Idee.

Folgen wir der Lehre von der u-niversellen Idee des Guntram von Seiden, welcher sich bei seinen Herleitungen wesentlich auf die Aus-fuehrungen von Poraphon, Die Idee in der Schoepfung, LV11, Bibl. ad Mira, bezieht, dann erhebt sich die Idee ueber den konkreten Gegenstand hinaus.

Guntram von Seiden fuehrt hierfuer als Beleg an, dass fuer jeden Ge-genstand schon ein Name existiert, wir also in der Lage sind, auf jeden Gegenstand zu zeigen und ihn zu be-nennen.

Daraus koennen wir folgern: Nicht das Werk schafft die Idee, sondern das Werk verkoerpert eine – bereits vorhandene – Idee.

ad 2: Genau betrachtet, liegt der aesthetischen Komponente einer Botschaft eine aesthetische Idee zugrunde, fuer welche grundsaetzlich das ad (1) gesagte gilt, mit der Besonderheit, dass diese Idee auf die Verwirklichung der aesthetischen Notwendigkeit, der Frage, wie etwas zu vermitteln ist, zielt.

Ohne Idee ist entsprechend keine Aesthetik denkbar. Die Frage nach dem Wie der Verkoerperung kann nicht von der Frage des Was getrennt werden.

Insbesondere ist es unmoeglich, ein Werk ohne Intention zu erstellen. Selbst die Absicht, ein Werk nur aesthetisch, nicht aber ideel zu gestal-ten, also ein Werk ohne Botschaft als reinen aesthetischen Selbstzweck, so traegt es doch zumindest die Idee des Gefallenwollens in sich.

ad 3: So scheint das Verhaeltnis von Aesthetik und Idee von einer sehr einseitigen Abhaengigkeit gepraegt zu sein, sich in ihren Fragestellungen nicht zu beruehren.

Dennoch wird erst durch die Ver-knuepfung von Intention und Aesthetik der Eindruck vollstaendig. Es ist – wie bereits ausgefuehrt – keine Aesthetik ohne Idee moeglich. Aber es kann auch kein Zugang ohne sie zur Idee erfolgen.

Erst die Aesthetik naemlich liefert dem Empfindenden den dem Gegenstand eigenen Wertmassstab, welcher erst den Einklang und die Einlassung und damit die Empfindung des Gesamteindrucks ermoeglicht.

Erschienen in Portal 10,