Allgemein beklagt ihr das mangelnde Interesse des Adels an euren Forschungen und Fachgebieten. So möchte ich euch doch eine mögliche Ursache dieses Verhaltens näher bringen, wie sie sich mir zu Cambrück darstellte:
Am Adelstage wurde ich höflich eingeladen, zur Gründung der Universität einen Vortrag zu halten. Erfreut stimmte ich zu, sah ich doch die Möglichkeit, dem Auditorium zu zeigen, dass zahlreiche Geweihte eine Ausbildung besitzen, die dem Werdegang eines Gelehrten durchaus gleichwertig ist. Deshalb verzichtete ich darauf, glaubensphilosophische Ansätze zu präsentieren, die bei so manchem Gelehrten ohnehin – leider- fehl am Platze sind, sondern wählte ein sehr anschauliches und praxisbezogenes Thema. Dass mein Vortrag für die meisten unter euch nichts Neues bot, nahm ich dabei gerne hin, ging es mir doch darum, zuallererst einmal den Gleichstand des Wissens zu verdeutlichen! Mit Erkenntnissen aufzuwarten, bei denen wir Geweihten euch voraus sind, wäre wohl nicht sehr diplomatisch gewesen.
So hoffte ich nun, in die Reihen der Gebildeten aufgenommen worden zu sein, jedoch weit gefehlt, wie sich später herausstellte. Ich bot mich an, meinen hochgeschätzten Freund und Nachbarn Prinz Anselm von Thal auf seiner schweren Reise in die Erinnerung zu begleiten, was auch angenommen wurde. Nun sollten Gelehrte doch wenigstens eine Vorstellung davon haben, wie aufwändig und anstrengend Astralreisen sind, noch dazu ohne ausreichende Vorbereitung und erfahrenen Beistand. Nur um Prinz Anselm zu helfen, ließ ich mich auf dieses Wagnis ein, während Arana und Mira den Zustand seines Körpers überwachten. Darauf, wie kräftezehrend es ist, ständig in seiner Konzentration unterbrochen zu werden, will ich nun gar nicht näher eingehen. So wanderte ich nun mit den Gedanken des Prinzen zurück in seine Vergangenheit, um ihn notfalls festzuhalten und sicher zurückzubringen, wenn Aranas Bindung an die Erde nicht genügen würde. Ich ging neben Anselm und fühlte seine Angst und seinen Schmerz mit ihm, dann wurde es dunkel, und erst nach langer Zeit fand ich zurück und sah das besorgte Gesicht Aranas über mir, die veranlasste, dass ich auf mein Zimmer gebracht wurde. Von den Gelehrten war allerdings keiner mehr zu sehen. Von einem Freund erfuhr ich, dass sie sich sofort nach Beendigung des „Experiments“ eifrig in Diskussionen verwickelt und das Zimmer verlassen hätten, ohne sich weiter um die Beteiligten zu kümmern. Wir hatten also unsere Schuldigkeit getan, scheint mir.
Wie Herr Adastratus in seinem Bericht schreibt, „ist das bei uns leider so verbreitete kleinkarierte Denken völlig fehl am Platze.“ Jedoch sollte er sich selbst davon nicht ausnehmen, denn auch seine Beschreibung der Ereignisse zeigt, wie wenig ihm die Rolle von uns Geweihten bei diesem „Experiment“ überhaupt aufgefallen ist. Offenbar sieht man in uns Dienern an den Göttern in der Tat nicht mehr als Beter und Heiler. Diese Haltung ist sehr schade und führt schnell dazu, dass man sich zweimal überlegt, ob man seine Kraft und Gabe solcherart Arroganz zur Verfügung stellt. Ein fester Glaube ist zu weitaus mehr imstande als der komplizierteste Apparatus!
Die Ablehnung eurer Wissenschaft durch viele Adelige nun gründet sich zumeist auf Furcht vor diesen unbekannten Vorgängen, gestützt durch zahlreiche Ereignisse und Gerüchte von verschwindenden Dingen und Personen. Bedenkt bitte eines: Wenn einer von euch Gelehrten verschwindet, so ist das ein Schaden für seine Person, schlimmstenfalls für seine Academia. Wenn jedoch ein Adeliger verschwindet oder Schaden erleidet, so sind davon oft tausende Menschen betroffen, Chaos und Instabilität sind die Folge. Wenn also wir unser Misstrauen überwinden und solchen Vorgängen wie zu Cambrück beiwohnen, so vergeltet uns dies auch mit ein wenig Höflichkeit und Rücksichtnahme.

Josephina von Drachenhain
Baronin von Wolfenfeld
Erwählte des Xurl

Erschienen in Portal 13,