In letzter Zeit wurden einzelne Stücke des sogenannten Bernsteinzimmer gefunden. Das Bernsteinzimmer war, so besagen es Überlieferungen, ein prachtvoll geschmückter Raum, welcher hauptsächlich, daher der Name, mit Bernstein ausgekleidet sein soll. Eine Zeichnung aus damaliger Zeit verdeutlicht die Schönheit dieses Raumes.
Über die Herkunft des Bernsteinzimmers gab es in jüngster Zeit heftige Diskussionen zwischen der Grafschaft Darian und dem Fürstentum Thal. Beide beanspruchen die Besitzrechte für sich. Um dies verständlich zu machen sehen wir uns die Geschichte Heligonias, genauer gesagt der Grafschaft bzw. des Fürstentum an.
Auszug aus der ogedischen Schöpfungsgeschichte:
„Wütend fuhr Saarka zwischen Himmel und Erde umher und entfachte schrecklich Stürme. Xurl wiederum erzürnte der Neid seiner Schwester und er schleuderte ihr mächtige Wasserwogen entgegen. Diese entsandte Blitze und so entbrannte ein furchtbarer Kampf. Dabei wurde der Sonnendrache Crelldinor getötet und fiel in neun gleißenden Feuerstrahlen zur Erde herab.“
An den Gestaden Darians werden immer wieder aurazithgelbe, milchige bis glasige Steine angeschwemmt. Diese Steine sind nach altem ogedischem Wissen aus dem Blut Crelldinors, das in den neun Feuerstrahlen herabfiel, entstanden, als es in Seen und Meeren abkühlte. Die Bezeichnung „Bernstein“ leitet sich aus dem Altheligonischen „bernen“ ab, das heißt „brennen“. Tatsächlich ist der Bernstein der einzige bekannte Stein, der brennt. Alchimisten verfügen über das Wissen wie daraus hochwirksame Pülverchen und Tinkturen gefertigt werden können. Auch für die Herstellung von wunderschönem Schmuck und Mosaiken ist der Bernstein ein wichtiges Grundmaterial. Herzog Antrar III, der Vater von Graf Uttras, ließ sich seinerzeit ein ganzes Zimmer in seinem Palast in Darbor mit Bernsteinmosaiken auskleiden. Diese Wandvertäfelungen verschwanden jedoch in den Wirren des Bürgerkrieges und werden seither von Abenteurern gesucht.
Zu der Zeit, als der Fürstensitz derer zu Thal noch in Betis war, gab es im Schloß der Herrscherfamilie, der Fliehburg auf dem betiser Fluchtberg, einen besonderen Empfangssaal aus Bernstein, das sogenannte Bernsteinzimmer. Entsprechend dem alten Namen von Betis, Bethysan, was soviel bedeutet wir die Schöne, die Große, war dieser Saal sehr pompös und prunkvoll eingerichtet. Die Wandtäfelungen waren reichlich mit Bernstein verziert, die Möbel waren aus Edelhölzern geschnitzt. Kostbare Gemälde von großen Künstlern vervollständigten den Eindruck, den dieser Empfangsaal auf seinen Betrachter ausübte. Man sagte, daß wer einmal in diesem Raum gewesen, ein neues Verständnis von Pracht und Herrlichkeit entwickelt hätte.
Als Fürst Rarl von Thal den Sitz der Fürstenfamilie von Betis nach Hochanthen verlegte, veranlaßte sein Bruder, Prinz Hehnloon von Thal, ein Schöngeist und Künstler, das gesamte Bernsteinzimmer aus der Fliehburg in das neue Schloß in Hochanthen zu transportieren. So wurden die gesamten Gemälde und Möbel sorgfältig verpackt, die Wandtäfelungen vorsichtig von den Wänden abgenommen, und die gesamte teure Fracht auf mehrere Ochsenkarren verladen, um sie auf diese Art und Weise auf ihre lange Reise zu schicken.
Die Route des Bernsteinzimmers, welche Prinz Hehnloon lange geheim gehalten hatte, führte direkt am Brazach entlang, um so eine Verpflegung der Reisegemeinschaft mit dem Schiff zu ermöglichen. So wurde jeden abend eine festgelegten Stelle am Ufer des Brazach angesteuert, wo man vom Schiff aus mit Nahrung versorgt wurde. Als man jedoch nur noch eine Tagesreise von Hochanthen entfernt war, erschien die Gruppe mit dem Bernsteinzimmer nicht an dem vereinbarten Punkt. Eine sofort angelegte große Suchaktion blieb ohne Erfolg. Seither fehlte von ihm jede Spur, so daß es allmählich in Vergessenheit geriet.
In letzter Zeit sind immer wieder Teile des Bernsteinzimmers gefunden worden. Über die Fundorte hat die Thaler Garde, welche die Relikte durch Zufall (?) entdeckte, bisher noch keine Angaben gemacht. Vermutlich würde dies einen weiteren Streitpunkt darstellen. Vor kurzem wurden die Fundstücke von hochrangigen Gelehrten aus Thal sowie Darian an der Universität Escandra untersucht. Leider konnte nur ein künstlerischer, jedoch kein historischer Wert festgestellt werden. Doch war man sich in einem Punkt einig, die Fälschungen, so wurden sie ab sofort bezeichnet, mußten nach einer Vorlage erstellt worden sein. So gibt es zumindest einen Hinweis darauf, daß das echte Bernsteinzimmer, oder Teile davon, noch irgendwo existiert.
Zurbelbert Krombelbach,
Historienforscher aus Escandra