Die wohlfeile Stadt Solodgia, man spricht ihr gerne den Zusatz „Zwischen-Baum-und-Feld“ zu, gilt als bedeutendste Ansiedlung der tlamanischen Provinz Ardelun. Gemessen an ihren Nachbarinnen Mirain und Tabruk allerdings, geht es hier das Jahr über höchst beschaulich, ja recht betäubend, zu.
Gänzlich anders gestaltete sich diese Gewohnheit jedoch in den ersten Tagen des 2. Xurlmonds, als Solodgia sich in ein fürwahr festlich Prachtgewand kleidete. Mensch, Haus, Strauch und gar Getier waren mit farbigen Glasperlenbändern und bunten Federn geschmückt. Spiel, Spaß und Spectaculum zogen Jung und Alt in Bann. Es wurde vortrefflich von Poenas Gaben getafelt und gebechert, die Ernte fiel in diesem Jahr reichlich aus, und so währten die ausgelassenen Feierlichkeiten – von einem einzelnen Fest kann gar nit mehr die Rede sein – ganze drei Tage und Nächte.
Denn es trug sich zu, dass Prinzessin Lenia Orwyn Sarava mit der Mark belehnt und in den Rang einer Freifrau von Ardelun erhoben worden war.
Wie in Tlamana bewährte Sitte, fällt die Verwaltung der „lieblichen Mark“ Ardelun dem zweitgeborenen Kind des herrschenden Linienstammes zu. Obschon es Absicht ist, auf diese Weise monäre Ausstattung und politische Betätigung zuzuführen, handelt es sich bei diesem Ausgleich mitnichten um die Gründung einer unabhängigen Nebenlinie. Die Belehnung Ardeluns beinhaltet gewissermaßen eine Reserveposition, also die Möglichkeit des Nachrückens, so die eigentliche Thronfolgerin – dieser Tage Erbprinzessin Alessia Velana – aus drängenden Gründen die Baronswürde nicht anzutreten vermag. Bekanntlich kam diese Regelung erst in jüngster Zeit zur Anwendung, als Baronin Tamara von Tlamana zugunsten ihrer jüngeren Schwester, unserer heutigen Baronin Leabell, abdankte.
Als der drachenhainisch-tlamanische Hausvertrag (der Helios-Bote berichtet) am 1.Tag des 1. Helios, 45 n.A.III, durch das Licht Seiner Allerdurchlauchtigsten Majestät Gültigkeit erhielt, war auch die Neubelehnung der Mark erforderlich, welche bislang noch unter der zuverlässigen Verwaltung der inzwischen siebzigjährigen Freiherrin Ambrosiata von Perltautal stand.
Da die Prinzessin zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch erst sieben Sommer zählt, bestallte Baronin Leabell ihren getreuen Ritter Elluard von Eberkling zum neuen Verwalter der Mark, bis Prinzessin Lenia ihr 21. Lebensjahr erreicht hat.
Auch eine Wappenänderung der Mark bringt die Neubelehnung traditionell mit sich. Ihre Hochgeboren Prinzessin Lenia Orwyn Sarava von Tlamana, Freifrau von Ardelun, erwählte sich den aurazithenen Pfau auf schwarzem Grund. Und freilich wart auch der tlamanische Stern nit vergessen, ehrfurchtsvoll schaut der Vogel zum Gestirn empor.

Mark Ardelun

Eine Eigenheit, fern der tlamanischen Gepflogenheiten – dies vergaß ihre Baronin Leabell von Tlamana während der Einsetzung ihrer Tochter nicht zu erwähnen – beinhalte der drachenhainisch-tlamanische Hausvertrag indes doch: sollte es Erbprinz Halmar von Drachenhain nicht gegeben sein, sein Amt anzutreten, so fällt Prinzessin Lenia im Erbfall die Thronfolge des fernen Fürstentumes zu.
Die Vier Götter mögen dies verhüten!

Heron Krummbrecht,
Erster tlamanischer Archivar
Zu Mirain, am 15. Tag des 2.Xurl, 45 n.A.III

Erschienen in Helios-Bote 80, Kronkurier