Thorkar trat in die Mitte und wandte sich an die Angaheymer: „Ihr wißt, daß mir auch ein Stück Wald in Skagen gehört. Doch Leif Stahlschulter hat auf seinem Grund immer mehr Emmer angebaut, um immer mehr Ischgi zu brennen, den er dann teuer verkauft hat. Weil nur noch Emmer stand, kam der Käfer ins Feld und hat unser beider Ernte vernichtet.“ Leif will wütend dazwischenfahren, wird aber durch lautes Zischen an die Regeln erinnert. Die alte Rechtsformel tat bereits ihre Wirkung. Ich öffnete verblüfft wieder die Augen. Thorkar fuhr fort: „Leif hatte immer noch nicht genug und fällte Bäume für ein neues Feld. Aber die gehörten mir und nicht ihm. Ich will dafür Entschädigung!“
Auf ein Zeichen Findabairs trat nun Leif in den Kreis, das Gesicht rot vor Zorn. Die Käfer seien von Thorkars Feldern gekommen, und die Bäume hätten schon immer ihm gehört. Nix gibt’s!
Findabair fragt in die Runde, ob jemand den genauen Grenzverlauf wüßte. Es folgt eine kurze Diskussion, an deren Ende klar ist, daß niemand etwas Genaues weiß, selbst Marlyn ist sich nicht sicher. Aber eines weiß er: Dass die Käfer immer in allen Feldern waren, wenn sie kamen. Dass sie aus dem Boden kriechen, wenn zuviel Einerlei steht, und dass es eine Strafe von den Drachen ist für soviel Dummheit. Und daß man ein Kraut pflanzen muß und einpflügen, damit sie wieder gehen. Und das wisse doch wohl jedes Kind, jawohl! In das betretene Schweigen hinein kratzte sich nun so mancher Bauer hinter dem Ohr. Aber das löste noch nicht das Problem mit der Grenze und den Bäumen. Schon wollte wieder Streit aufkommen, da zupfte mich Marlyn am Ärmel, und ich verschaffte ihm Gehör. Der alte Druide richtete sich mühsam auf: „Bäume dürfen nicht einfach so gefällt werden! Sie schützen die Felder vor dem Sturm. Sie halten die Erde fest. Sie versperren dem Schnee den Weg. Die Bäume schützen uns alle. Deshalb hätte Leif das Thing um Erlaubnis fragen müssen, und dann hätte Thorkar auch seinen Anspruch anmelden können. Leif hat nicht nur Thorkar, sondern uns allen geschadet. Er darf das Feld behalten, muß den Schaden aber wieder gutmachen.“ Aus der Zuhörerschaft kam leises Gemurmel als Zustimmung. Nun ergriff Rimgar wieder das Wort: Er schlug vor, dass Leifs Sippe fünf Jahre lang die Schlucht in Ordnung halten und das geborgene Holz an Thorkar abtreten müsse. Thorkar allerdings solle ihm bei Schwierigkeiten mit seinen Leuten helfen. Der Vorschlag gefiel den Angaheymern, es gab Rufe und Geklirr mit den Waffen, auch mir schien die Lösung gerecht zu sein. Allein Leif und Thorkar maulten herum, dass Nial sicher anders geurteilt hätte, dass man die Entscheidung doch auf ein richtiges Thing verschieben solle, dass man auch ohne Nicht- , Halb- und Nichtmehr-Angaheymer in der Lage sei, Ordnung zu schaffen und ähnlich freundliche Dinge mehr.
Schließlich trat Findabair dazwischen: „Wenn ihr euch prügeln wollt, dann ohne uns. Die Wieder- und die Immernoch-Angaheymer haben nämlich die Nase voll von eurer Streiterei! Wenn ihr unbedingt rausfinden wollt, wer der Bessere ist, dann machen wir ein Utzganspiel, aber eines von der alten Art. Ihr habt zwei Tage Zeit, eure Kämpfer auszusuchen und euch vorzubereiten. Dann können sich die umbringen, die Lust drauf haben, und alle anderen haben ihre Ruhe. Solange immer noch kein Friede herrscht, bleiben wir an diesem Ort und bereiten euch das Utzganfeld vor.“ Mit heftigem Gebrüll wurden Leif und Thorkar überstimmt, und die denkwürdige Versammlung beendet.
Erschienen in Helios-Bote 76, Angaheymer Rufhorn