Vor einigen Tagen reiste ich mit der frisch eingesetzten Vogtin Karlotta-Irene zur Tharlisburg, die bereits für sie und ihre Schwestern hergerichtet worden war, um dort einzuziehen. Wir zogen durch den dichten Mischwald und wann immer wir an einem der dort gelegenen Höfe vorüberkamen, wurde der kleine Tross höflich und neugierig, doch aber auch ein wenig misstrauisch beäugt. Die Tharlisburg liegt leicht erhöht auf einem Hügel im Norden der Vogtei und schon aus der Ferne sah ich das Banner mit dem Mühlenberger Wappen immer wieder durch die Bäume blitzen.
Dann endlich standen wir vor den Toren. Kanzler Giselher stand erwartungsvoll zwischen den Zinnen, bereit seine Töchter zu empfangen. Doch Karlotta-Irene rührte sich nicht. Sie nahm einige Schritte rückwärts und schwieg nachdenklich. Ich trat zu ihr. „Was habt Ihr? Behagt es Euch nicht?“ frug ich. „Doch, doch, es ist ganz entzückend… Gerade zu begeisternd. Ich wundere mich lediglich, wie jemand dieser Burg den Namen Tharlisburg geben konnte. Findet Ihr nicht auch, dass sie aussieht wie ein riesiger Mühlstein? Die dicke Ringmauer, der Bergfried genau in der Mitte mit einer Brücke zu diesem rundlichen Wachhäuschen auf den Zinnen? Es soll nun Bewegung in diese Burg, in diese Siedlung hier, in die Vogtei Mühlenberg, kommen und das Volk soll sich gesättigt wissen mit dem was von hier kommt. Das ist nicht mehr die Tharlisburg!“ erklärte sie. Daraufhin wandte sie sich um und verkündete: „Ich bin nun bereit die Burg Mühlenstein zu besichtigen.“ Und es war kein Zweifel möglich, dass diese Festung nun nicht länger Tharlisburg genannt werden würde.
Als wir gerade die westlichen Räumlichkeiten in Augenschein nahmen, blieb Karlotta-Irene erneut stehen. Sie wies uns an, still zu sein, ging dann einige Schritte in die Kammer, die vormals als Lagerraum ceridischer Schriften diente, blieb erneut stehen und lauschte ihren eigenen Schritten. „Eine wunderbare Akustik und die passende Größe. Hier möchte ich mein Musikzimmer haben.“ tat sie kund und es wurde nach ihrem Wunsch eingerichtet.
Schließlich war der gesamte Mühlenstein gesichtet und mit kleinen Änderungen für bewohnbar befunden. Am Abend ließ sie der Bevölkerung der nahe gelegenen Siedlung die Kunde bringen, dass am nächsten Tag ein jeder, der fähig sei, ein Instrument zu spielen, zu singen, zu tanzen oder eine andere Kunst zu vollbringen, auf den Mühlenstein geladen sei und alle, für die noch zusätzlich Platz sein würd, ebenfalls kommen sollten, damit der Beginn der neuen Zeit, unter der Herrschaft der edlen Dame Karlotta-Irene von Mühlenheim, Vogtin zu Mühlenberg, Herrin des Mühlensteins, eingeläutet und gewürdigt werden möge.
Machwe, Poena Geweihte auf dem Mühlenstein,
17. Tag im 1. Saarkamond 52 n.A.III