Auszug eines Berichtes, welcher am Königshof vorgelegt wurde.

Eure durchlauchtigste Majestät!
Ich möchte euch kurz berichten, was im Lande Corenia vor sich geht.
Wie ich bereits in meinen Berichten erwähnte trafen sich die Landesherren – Vorleute genannt – um einen Prinzipaten zu wählen. Sie taten es in der Meinung, es sei ein Vertreter, der im Namen ihrer Versammlung spräche, wenn diese nicht tagt. Ob aus diesem Amt aber mehr wird, vielleicht ein König gar, wird die Zeit zeigen.
Sicher ist jedoch, dass die Wahl weniger ruhig verlief, als erhofft. Die Rede ist von alten Flüchen, Söldnern und in Rage geratenem Fahrendem Volk. Manche sprechen sogar davon, dass der in meinem letzten Schreiben erwähnte „Xurlbrunnen“, ein Schrein des Herrn der See, seine Macht und seinen Segen verloren hätte. Wenn auch nur die Hälfte der Gerüchte wahr sein sollte, dann scheint im Fernen Süden mehr unter dem Deckmantel der Einigkeit mehr von Statten zu gehen, als man meinen möchte. Leider ist die Zahl der verlässlichen Informationen aber nach wie vor so begrenzt, dass kaum Wahrheit von Unwahrheit zu trennen ist.
Sicher sind aber 2 Dinge:
Zu Prinzipatin wurde Namia, die Vorfrau von Grauwacht gewählt. Sie ist es nun, die das Schicksal Corenias lenken soll. Bis zu den Tagen der Wahl vertrat Namia eine sehr harte Position gegen über aller, die keine Corener sind. Also auch gegen uns. Es schein aber so zu sein, dass Namia ihre Meinung geändert hat und sie zeigte sich nun deutlich offener und weniger abweisend, als man es von ihr kannte. Ob dieser Sinneswandel von Dauer ist und wie sie ihr Land lenken wird, das muss die Zeit zeigen. Jedenfalls ist sie wohl nicht unumstritten bei den anderen Vorleuten und mehr als ein Ausländer hatte seinen Beitrag bei der Wahl.
Ebenso gewiss ist aber, dass Namia dem so genannten Reich der Mitte die Feindschaft erklärte für alles, was dieses Reich wohl tat. Wer genau hinter diesem Reich steht, was deren Bestreben und deren Ziel ist, das ist und bleibt im Dunkeln. Manch einer spricht von einem alten Reich, das im Herzen des Südland-Kontinents liegen soll und nun nach alter Macht zurückstrebt. Ruinen und Artefakte sprechen wohl für eine frühere Größe, aber diese scheint längst vergangen. Hier treffen Legenden, Aberglaube und die Angst der Menschen zusammen. Viel bleibt hier zu untersuchen und es ist gut möglich, dass hinter manchem Ding wirklich dieses Reich der Mitte steckt. Ebenso könnte aber ein ausgebuffter Söldnerhaufen mit genügend Männern dahinterstecken. Wir erlauben uns, unser Auge weiter wachsam hierauf ruhen zu lassen.
Wichtiger scheint es mir allerdings, von heligonischen Handelsposten zu berichten, der auf der Insel Modestia vor der Küste Corenias liegt. Die Wahl des Prinzpaten lies den Handel florieren und der Kontakt zu den Corenern wurde enger denn je, wenn auch kaum zu deren Obrigkeit. Trotzdem kann ich nicht sagen, dass sich das Bild des kleinen Städtchens so entwickelt hat, wie man es sich erhoffte.
Viele Darianer sind hier und machen aus ihrer neuen Heimat das Beste in ihrem Sinne. Selbstredend wird viel Handel getrieben, aber hier zieht manch ein Darianer ein langes Gesicht. Die Pelz- und Lederwaren, die die Corener bieten sind von hervorragender Qualität und jene wissen das genau. Überhaupt sind die Corener sich dem Wert sehr vieler Waren sehr gut bewusst und sie sind gut im Verhandeln und manch ein Darianer macht weniger Profit, als er erhoffte. Wer glaubte, mit Glasperlen und Tand für sich einen guten Profit zu machen, der wird bitter enttäuscht. Aber so kann uns auch kaum ein Corener vorwerfen, man hätte ihn über den Tisch gezogen.
Aber neben dem Handel läuft vieles aus dem Ruder. Leichte Mädchen hat es mehr als man zählen will, mehr als ein Fuselbrenner ist vor Ort, in den Tavernen wird Darok mit hohem Einsatz gespielt und Gerüchte sprechen von der ersten Rauschkrauthöhle in einem Hinterzimmer. Auf der Straße regieren Geld und das Gesetz des Stärkeren und die Gauner fangen an, sich zu organisieren.
Sollte die Entwicklung in diesem Maße weitergehen, dann – so fürchte ich – wird der Ruf des Landes Heligonia im Süden Schaden nehmen. Und die Entwicklung wird so weitergehen, wenn keine Maßnahmen ergriffen werden. Der Hafenmeister und seine wenigen Gardisten sind brave Leute, aber die Stadtgarde ist den Lastern verfallen und eine echte Obrigkeit gibt es nicht. So bitte ich euch, Eure königliche Majestät, zu handeln. Ich werde mir erlauben, euch weiter Dossiers zu Modestia zukommen zulassen, damit Ihr euch ein umfassendes Bild machen könnt. Bis dahin verbleibe ich untertänigst.

Wiedemann von Stolzenberg,
Unterhändler im Namen der heligonischen Krone

Erschienen in Helios-Bote 76, Kronkurier