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Antlitz des Helios verfinsterte sich

Noch immer treffen Fragen aus dem Kreis der Wissenschaftler und Gelehrten aus ganz Heligonia ein, welche das Ereignis am 11. Tage des 3. Heliosmondes betreffen. Zur Mittagsstunde katte sich das Antlitz des Helios verfinstert. Nun sind sich die Gelehrten zu Escandra und sämtlicher anderer Universitäten noch nicht einig geworden, was es mit diesem Ereignis auf sich hatte. Einige behaupteten, sie haben schon zuvor davon gewußt, andere wiederum waren völlig überrascht von dem plötzlichen Einbruch der Dunkelheit. Da Forschung und Diskussion bisher noch nicht abgeschlossen sind, wird im nächsten Portal genauer berichtet.

Neues aus der Geschichte

Nach dem Eintreffen eines Boten aus der neu eingerichteten ostarischen Baronie Khendas Pailat wurde in den Dienstgebäuden der königlichen Reichsbibliothek zu Escandra bekannt, daß die vor einem halben Jahr von Rolvanus Esgadran von Carajon entsandte Delegation von Schriftgelehrten in den Bibliothekshallen des Pailat eine Fülle unterschiedlichster Berichte und Beschreibungen zu katalogisieren begonnen hat, die aus alten und sogar vorgeschichtlichen Epochen der heligonischen Geschichte zu stammen scheinen. Bedauerlicherweise seien viele der Texte den Gelehrten aufgrund der Vielzahl unbekannter Schrift- und Bildzeichen derart fremd, daß es den entsandten Kundigen aus der Reichshauptstadt unmöglich ist, sie zu entziffern. Die Ordensleute des Pailat seien zudem, obschon in der Interpretation jener Zeichen nicht ganz unerfahren, nicht immer zu entsprechender Mitarbeit zu bewegen. Ohne die Angabe von Gründen verweigerten sie beispielsweise die Mitarbeit bei der Entzifferung von 27 Schriftrollen, die vermutlich den ödländischen Schöpfungsmythos zum Inhalt haben (die Annahme, daß die Ödländer keine Schrift hätten, stimmt – nach neuesten Erkenntnissen – nicht ganz. Ein sehr exklusiver Kreis von ödländischen Magiern benutzt offensichtlich eine durch die Jahrhunderte unveränderte Zeichenschrift, deren Interpretation allerdings aufgrund der Fülle an Hieroglyphen unmöglich ist. Es wird spekuliert, daß die ödländischen Magier sich auch in der Geschichtsschreibung betätigen).
Nur ein kurzer Verweis auf diese Schriften in einer Abhandlung aus der Zeit der Regentschaft König Helos Aximistilius I. (Tractatium ueber dass Wesen fremddländischer Voelker, Band II) läßt überhaupt auf den außergewöhnlichen Inhalt dieser Schriftrollen schließen. Ein Abschnitt, vermutlich aus der dritten Schriftrolle, ist übersetzt abgedruckt – leider ohne die zugehörigen Bildzeichen:

In den Frühen Tagen
War die Bärenmutter
Des Menschen Menschen

Die Bärenmutter
gab dem Menschen Fleisch zur Nährung.
Sie hat in erwärmet ihn in der Nacht.
Der Mensch
war voll Dank.
Und liebte die Bärenmutter.

Der Rabe
Hatte das Feuer
Das gab er dem Menschen.

Der Bärenvater aber
er fürchtete das Feuer.
Also der Mensch
den Bärenvater tötete.

Die Bärenmutter
Ward zornig
Und sie haßte den Menschen
Und hat ihn verstoßen.

Seit den Frühen Tagen
ist die Bärenmutter
nie mehr des Menschen Mutter
Gewesen

Was die weiteren Forschungsergebnisse angeht, darf man sicherlich gespannt sein; nicht alle in der Ordensburg vorrätigen Schriften sind in alten Sprachen abgefaßt. Ein ausführlicher erster Bericht wird in den nächsten Monaten erwartet.

Über die Schatten der Vergangenheit

Es gibt vieles, über das in den Gilden und Vereinigungen der Gelehrten ein Diskurs geführt wird. Das meiste davon dreht sich um die aktuelle Forschung und darum, wie man an die Dinge herangeht, um greifbare Ergebnisse zu erhalten.
Doch immer wieder kommt auch die Diskussion auf, ob und wie man die Forschung unter Kontrolle halten kann, ist es doch bei manchen Gebieten durchaus nötig, dem Eifer des Einzelnen Grenzen zu setzen.
In unserem Lande existieren dafür die Orden und Zirkel, welche die Aufsicht über die Taten ihrer Mitglieder innehaben und das Wirken derer legitimieren. Als Legitimation gilt meist die Ausstellung eines Heliosbriefes, in dem sich der Empfänger verpflichtet, nur diese Forschungen zu betreiben, zu denen er die Befugnis erhalten hat. In fast allen Fällen funktioniert dies auch, zu groß ist die Furcht vor Strafen und Repressalien, mit denen man die Verstöße gegen die Regeln der Orden verfolgt. So weit, so gut.

Doch leider findet das Wirken der Forschung und der Gelehrten nicht nur in den geordneten und anerkannten Zirkeln statt, immer wieder findet man auch Hinweise auf Aktivitäten, die keinem der bekannten Orden zuzuordnen sind. Doch wer kann bei diesen garantieren, daß dabei keine, den als gültig anerkannten und meist ungeschriebenen moralischen Gesetzen widersprechenden Handlungen vollzogen werden?

Erst kürzlich, auf einer Reist durch Darian, kam ich in Kontakt mit den Ergebnissen eines solchen Handelns. Wie den meisten bekannt sein dürfte, finden gerade in den Gebirgen des Schlangenkamms Ausgrabungen statt, bei denen man die Überreste einer alten Kultur gefunden hat. Besonders aufsehenerregend war der Fund zweier mumifizierter Körper. Noch aufsehenerregender jedoch war, daß diese beiden Körper, sobald sie gefunden worden waren, auch schon wieder verschwanden, sie wurden nämlich gestohlen. Einen der Körper fand man relativ bald wieder, der andere blieb verschollen. Er sollte sich erst um einiges später wieder einfinden, und dies im Zusammenhang mit Dingen, die wohl dem einen oder anderen zu denken geben sollten.

So stellte sich heraus, als der zweite Körper wieder gefunden wurde, daß diesen – oder den Amuletten, die an ihm befestigt sein sollten – eine Kraft innewohnte, die man nicht als normal beschreiben könnte. Menschen, die in Kontakt mit dem Körper oder den Amuletten kamen hatten urplötzlich das Bedürfnis, auf die Suche nach Pflanzen zu Herstellung eines Trankes zu gehen und die Herstellung dieses Trankes mit allen Mitteln voranzutreiben. Doch waren sie sich dessen nicht bewußt, sie wurden kontrolliert. Auch wurde manchen die Macht gegeben, sich gegen Einflüsse zu schützen, gegen die sie normalerweise schutzlos wären. Es ging sogar so weit, daß diese Menschen um “ihre” Interessen durchzusetzen, die Freiheit und Gesundheit anderer gefährdeten. Man muß ihnen jedoch zu gute halten, daß sie bei ihrem Handeln nicht Herr ihrer Sinne waren, von einer Bestrafung wäre also abzusehen.

Nun wäre es noch akzeptabel, wenn diese Geschehnisse alle auf alten, vergangenen Geschichten und Taten beruhen würden, doch so wurde uns erzählt, seien immer noch Gruppen unterwegs, welche solcherlei Rituale, die diesen mumifizierten Körpern diese Macht verliehen, ausübten. Doch die Kenntnis über dererlei Dinge wird dort zum einen unterdrückt, zum anderen derart verfolgt, daß diejenigen, die – wohl zu Unrecht aus der Sicht der wahren Verursacher – solche Kenntnisse erhalten haben, nicht mehr in der Lage sind, über ihre Kenntnisse zu berichten.
Es scheint dort also eine Geheimloge zu existieren, die keinerlei anerkannter Kontrolle unterliegt und dort mit Mächten operiert, die weit über das hinausgehen, was man gemeinhin gewohnt ist. Und es hat den Anschein, daß diese Loge wohl schon recht lange existent ist, so sind die gefundenen Mumien doch als recht alt einzustufen.

Doch was ist daraus zu folgern?
Ich meinerseits stelle nun die Forderung, daß aufs schnellste eine autorisierte Gruppe gebildet wird, die dererlei Umtriebe untersuchen soll und wenn möglich, für die Zukunft zu unterbinden versucht. Auch wäre es vorteilhaft zu wissen, in wie weit diese unautorisierte Gruppe schon Verbreitung in unserem Lande gefunden hat und in wie weit sie sich schon in die Gesellschaft infiltriert hat um dort ihre Umtriebe zu verheimlichen. All dies sollte unter dem Ansinnen geschehen, einer neuen und unbekannten Gefahr entgegenzuwirken, die wohl über Mächte verfügt, die uns im Momente noch überlegen zu sein scheinen. Diese Gefahr sollte, so möglich dann zerschlagen werden.
Auch sollte man, solange sich die erste Forderung nicht erfüllen läßt, auf die Erforschung dieser Macht hintreiben, um eine adäquate Möglichkeit zur Kompensation zu erhalten, wenn sich diese unbekannte Kraft erneut zu zeigen beginnt.
Es wäre vielleicht angebracht, auf dem nächsten Treffen der heligonischen Gelehrten über diese Geschehnisse zu diskutieren und dort über etwaige Lösungsvorschläge zu entscheiden.

Zauber der Eichenburg gebrochen !

Als mir in der Bibliothek am Hofe von Anthan ein altes Manuskript fiel, dachte ich noch nicht daran, welche weitreichenden Konsequenzen meine folgenden Studien haben würden. Es war schon sehr alt. Schätzungsweise mehrere hundert Jahre alt. Es war nicht sehr gut erhalten, nur noch wenige Seiten waren zu entziffern. Ich fand heraus, daß dieses Werk einmal zur Bibliothek der Eichenburg in Brassach gehörte. So machte ich mich auf den Weg, mehr über dieses Werk zu erfahren.

Als ich dort ankam, lernte ich sogleich Owenbrecht kennen. Er war der Bibliothekar. Immer bei seiner Seite war Heinbart, welcher sich um das wohl des schon etwas ergrauten, alten Mannes kümmerte. Außerdem machte ich Bekanntschaft mit Ebron, welcher ein Berater in wissenschaftlichen Dingen ist. Trotz ihres hohen Alters waren Owenbrecht und Ebron noch zu allerlei Unfug fähig. So ließen es sich die Beiden nicht nehmen, zusammen mit einem Freund an einem Utzgan-Spiel teilzunehmen. Doch dies ist eine andere Geschichte.

Nach einigen Tagen stellte sich heraus, daß es noch ein zweites Buch gab. Sie schienen völlig identisch zu sein. Jedoch waren beide in demselben desolaten Zustand. Dennoch konnte ich anhand der Burgchronik herausfinden, daß ein Mann namens Zolberath das Manuskript verfasst hatte. Er war ein Mitglied des frühen Ordo Mechanicus gewesen. Sein Labor befand sich innerhalb der Eichenburg, jedoch wußte keiner der Einwohner, wo sich dieses befand. Es schien fast so, als hätte es nie existiert.

Plötzlich tauchten zwei Phiare auf. Sie forderten einige der Anwesenden zu einem Spiel heraus, sagten aber nichts genaueres. Sie händigten Schlüssel aus, mit dessen Hilfe man in eine andere Astralebene gelangte. Dort befand sich das vorher erwähnte Labor Zolberaths. Er schien es mit Hilfe eines Zaubers in diese Astralebene befördert zu haben. Den “Spielern” wurden verschiedene Rätsel gestellt. Um sie zu lösen wurden wir, Owenbrecht, Ebron und ich, manchmal an die Grenzen unserer nervlichen Belastbarkeit geführt. Somit ist verständlich, daß unsere Ratschläge manchmal mißverstanden wurden. Ich bitte diejenigen, welchen dadurch manch peinliche Situation zuteil wurde, um Verzeihung !

Nachdem eine gewisse Anzahl der Rätsel gelöst worden war, wurden die “Spieler” vor neue Aufgaben gestellt. Man hatte einige Apparati zu deaktivieren. Als man uns den Aufbau einiger Apparati erklärt hatte, wurde klar, welchen Zweck sie hatten : Zolberath wollte eine “Burg für die Ewigkeit” bauen; mit Hilfe der Apparati. Sie waren so konzipiert, daß sie Magie aus den Apparati in die Burg leitete, um diese vor ihrer Alterung zu schützen.

Zu später Stunde gelang es dann auch, genügend von ihnen unbrauchbar zu machen. So konnte man mit Hilfe eines großen Rituals jegliche Apparati zerstören. Nachdem dies erfolgreich vollführt wurde, war die Eichenburg von ihrem Zauber befreit und zu einer “normalen” Feste zurückgekehrt.

Neue wissenschaftliche Veröffentlichungen

Der Vorsteher der Bibliothek zu Escandra, Rolvanus Esgadran, läßt verlauten, daß anläßlich des Gelehrtenkonvents neue umfassende Werke herausgebracht wurden. Es handelt sich hierbei unter anderem um interessante Erkenntnisse auf dem Gebiet der Beschwörungen und der Resonanzen. Dies stellt eine interessante Bereicherung der bisher veröffentlichten Traktate dar.

Geneigte Leser mögen sich an die königliche Schhreibstube wenden, wo sämtliche, der Öffentlichkeit zugängliche Werke zu erhalten sind.

Meine Erlebnisse auf dem Gelehrtenconvent zu Escandra

Nach einer langen, aber ereignislosen Reise traf ich in Escandra ein, um an dem dort abgehaltenen Convent der heligonischen Magier und Gelehrten teilzunehmen.

Es hatten sich dort viele Gelehrte versammelt, die von dem Prior Magnus des Nexus Corene begrüßt wurden. Bei dieser Begrüßung wurde auch das bevorstehende Programm vorgestellt, welches zum einen aus einer Vortragsreihe verschiedener Gelehrten über die unterschiedlichsten Themati bestand, zum anderen in der Durchführung eines großen Experiments.

Dieses bestand darin, daß versucht werden sollte, mehr über das Unsichtbare herauszufinden, da es sich in letzter Zeit immer häufiger gezeigt hatte und auch immer häufiger in das Leben in Heligonia eingegriffen hatte – zuletzt ziemlich deutlich in Sarniant auf dem dortigen Markttage.

Da das Unsichtbare dort Interesse an verschiedenen Steinplatten gezeigt hatte, die zusammengesetzt einen Plan ergeben sollten, der „die zerbrochene Stadt“ darstellte (eine große Stadt, die der Legende nach von den Göttern dafür bestraft wurde, daß sie sich in ihrem Glanze zu sehr diesen genähert haben sollte, unter anderem durch ein großes Bauwerk, von dessen Spitze aus man ganz Heligonia überblicken konnte), sollte nun versucht werden, durch ein Portal, welches die verschiedenen Sphären verband, in diese Stadt zu gelangen und dort Untersuchungen über sie anzustellen.

Auch sollte versucht werden, dort noch die Gefährtin eines Heliosgardisten zu finden, der am Rande des Parimawaldes gefunden wurde und der behauptete, in dieser Stadt gewesen zu sein. Er sei mit der ersten Expedition, die den Parimawald erkunden sollte, dorthin gelangt und habe in der Stadt seine Gefährten verloren. Er selber habe es irgendwie geschafft, die Stadt zu verlassen und habe ich dann wieder im Parimawald befunden.

So wurde nun beschlossen, einerseits die Gefährtin in der Stadt zu suchen, andererseits dort mehr über die Stadt selbst und damit dann auch über das Unsichtbare herauszufinden.

Bei dem ersten Gang in die Stadt fanden wir dort viele zerstörte Gebäude vor, in denen sich zwei Menschen versteckten, die wohl in der Stadt zu leben schienen. Sie wurden wohl verfolgt von einem Wesen, welches sie „den Jäger“ nannten. Tatsächlich konnten wir mehrere solche Wesen beobachten – sie waren grauslich anzusehen, mit langen Klauen an den Händen und bleichen Gesichtern. Es war uns gesagt worden, daß wir für die Bewohner der Stadt nicht zu erkennen wären, wenn wir es nicht wollten. So war es auch, wir wurden nicht bemerkt, bis plötzlich eine Stimme „Hierher“ rief, so daß nun „der Jäger“ auf aus aufmerksam wurde und sich uns zuwandte, ja uns sogar angriff.
Der Zauber wurde daraufhin sofort unterbrochen, und wir fanden uns wieder in dem Labor in Esacandra, von wo aus wir aufgebrochen waren. Es war uns leider nicht möglich, herauszufinden, wer aus unserer Gruppe die Abschirmung durchbrochen hatte, so daß beschlossen wurde, die nächsten Versuche durchzuführen, während der Prior Magnus den Zauber überwachte. So würde eine Sabotage zwar nicht unmöglich werden, doch könnte man sie immerhin rechtzeitig entdecken, womit uns die Möglichkeit gegeben war, den Schuldigen immerhin stellen zu können.
Während der Prior den Zauber neu fokussierte, nutzte ich die Zeit, einen der Vorträge zu besuchen, die angeboten wurden.

Ich entschied mich für einen Vortrag über das Ameryll, in dem das Wissen, welches wir über dieses „Metall“ haben, kurz zusammengefaßt wurde und auch auf die Gefahren eingegangen wurde, die sich bei der Beschäftigung mit diesem ergeben – eine Krankheit, die sich darin äußert, indem sich auf der Haut des Betroffenen rote Flecken zeigen, die sich schnell ausbreiten, aufbrechen und unweigerlich zum Tode führen. Es gab zwar einige Befallene, die auf wunderliche Weise geheilt wurden, doch ist bis zum heutigen Tage noch kein Heilmittel dagegen bekannt.

Anschließend besuchte ich noch einen Vortrag über die Phiare, in dem auf den deutlichen Zusammenhang dieser Wesen mit dem Ameryll hingewiesen wurde. Doch ist über diese Wesen bis auf Vermutungen nicht viel bekannt, außer der Tatsache, daß sie wohl alles wie ein Spiel sehen, welches zu ihrer Unterhaltung dient.

Der zweite Vortrag wurde kurz gestört, als uns mitgeteilt wurde, daß in der Universität wohl eine Phiare gesehen wurde. Nach diesen Vorträgen wurde beschlossen, einen weiteren Versuch zu wagen, in die Sphäre der Stadt zu gelangen.

Als wir dieses mal in der Stadt ankamen sahen wir die beiden Menschen schlafend auf dem Boden liegen. Wir näherten uns ihnen und entdeckten, daß sie merkwürdige Runen auf Stirn, Gesicht und Handrücken trugen. Auf ihrem Gewand befanden auch Ornamente, Runen und Schriftzeichen. Wir kopierten diese, um später genauere Untersuchungen darüber anzustellen. Wir wagten es schließlich auch, die beiden zu wecken und anzusprechen.

Sie reagierten äußerst schreckhaft auf uns und stellten und Fragen, die bekanntermaßen dazu geeignet sind, herauszufinden, ob man es mit natürlichen Wesen oder mit Manifestationen zu tun hat. Als wir schließlich zu dem entscheidenden Punkt der Unterhaltung kamen, wurde der Zauber unterbrochen, so daß wir uns wieder in der Universität wiederfanden. Dort erwarteten uns zwei Phiare, die uns einerseits verboten, wieder in ihre Domäne einzudringen und uns andererseits fragten, was wir dort zu suchen hätten. Als wir dies ihnen erklärten, sagten sie uns wiederum zu, die Stadt zu betreten, wenn wir das Spiel gewinnen würden, welches sie für uns initiieren würden. Was für ein Spiel, dies sagten sie uns nicht. Da es jedoch unsere einzige Chance war, gingen wir darauf ein.

Zu unserem Entsetzen zeigte sich bei einigen Teilnehmern der Expedition – darunter auch bei mir – die sogenannten ialdischen Flecken, einer Krankheit, die eigentlich nur nach einer längeren Beschäftigung mit Ameryll auftritt, und die meistens tödlich verläuft. So war zu unseren Aufgaben noch die dazu gekommen, ein Heilmittel gegen diese Krankheit zu finden.

Am nächsten Morgen starteten wir die nächste Expedition in die Stadt, völlig ungewiß darüber, ob uns die Phiare dies überhaupt gestatten würden.

Zwei von uns betraten die Stadt, um herauszufinden, ob dies gefahrlos möglich wäre. Nach längerer Zeit kam dann der Prior heraus und wies uns an, im Hofe nachzusehen, vor dort würde das Ritual gestört. Dort fanden wir seinen Gehilfen, der gerade dabei war, ein Pergament voll von Runen zu lesen, während er auf dieses Linien zeichnete. Nach einem strengen Verhör gestand er schließlich, für die Störung verantwortlich zu sein. Nachdem diese Quelle entfernt worden war, wurde beschlossen, den Versuch fortzusetzen.

Wir kamen in der Stadt an, wurden aber von den Phiare am weitergehen gehindert. Sie fragten uns, welches Spiel zu spielen wir uns denn nun entschlossen hätten. Nach mehreren Vorschlägen, die sie allesamt ablehnten, versuchte eine Bardin es schließlich damit, daß sie ihnen ein Liedchen vorspielte, was den Phiare dann schließlich auch zu genügen schien – man sieht, daß sich diese Wesen wohl nur an ihrer eigenen Freude orientieren.

Wir fanden dann wiederum die beiden Menschen, die uns auch bemerkten. Wir berichteten von unserem Ansinnen und fragten sie, ob sie uns helfen könnten. Sie bejahten dies, teilten uns aber mit, dazu müßten sie in ihr Versteck gelangen, welches sie aber nur erreichen könnten, wenn sie von Erinnerungen umgeben seien, die sie von dem Jäger abschirmen würden. Diese Erinnerungen waren Wesen, die in der Stadt umherstreiften und nur ihrem Meister, dem Herr der Erinnerungen verpflichtet waren. Wir wiederum baten sie, uns zum Herrn der Erinnerungen zu führen, so daß wir diesen um seine Hilfe bitten könnten. Da wir uns räumlich nur sehr begrenzt bewegen konnten, sollte sie voraus gehen, wir würden dann den Zauber auf sie erneut fokussieren und zu ihr kommen.

Als wir dann schließlich beim Herr der Erinnerungen ankamen und unsere Bitten äußerten, versprach dieser, uns zu helfen, wenn wir zuvor seinen Sohn finden und zu ihm zurückbringen würden. Er beschrieb uns seinen Sohn und nannte uns auch einen Weg, wie wir uns ihm gegenüber als Gesandte des Vaters zu erkennen geben konnten. Dazu brauchten wir sein Tagebuch. Dieses wiederum fanden wir in den Händen der Phiare, die sich bereit erklärten, es uns als Austausch gegen einen Schädel aus Ameryll zu geben, oder zumindest gegen ein Stück davon.
Nach langem Suchen fanden wir schließlich einen solchen Schädel in dem Badehaus der Universität.

Nachdem wir diesen den Phiare übergeben hatten, gaben uns diese eine Seite aus dem Tagebuch. Darin fanden wir die Information, wo sich Sören (so hieß er) am liebsten aufgehalten hatte – am Platz der Spiegel. Wir suchten diesen Platz auf und fanden dort zwei Erinnerungen, auf welche die Beschreibung zu passen schien. Nachdem wir die beiden mit den Dingen, die wir über Sören wußten konfrontiert hatten, reagierte langsam aber sicher eine davon. Nach langem weiteren Zureden fand er schließlich einen Teil seiner Erinnerung wieder, er wurde zu einer Halberinnerung. Diese schickten wir mit der Zauberin, als die sich die Hilfesuchende inzwischen herausgestellt hatten zu dem Herrn der Erinnerungen zurück.

Dort angekommen, trafen wir Vater und Sohn vereint und voller Freude wieder. Der Herr der Erinnerungen löste sein Versprechen ein und beauftragte fünf Erinnerungen, die Zauberin zu begleiten. Nachdem der Herr der Erinnerungen auch noch dem Gardisten erlaubt hatte, seine Wünsche zu äußern, erfuhren wir auch noch den Platz, an dem er seine Gefährtin zuletzt gesehen hatte. Wie baten die Zauberin, uns dort zu erwarten, damit wir uns anhand ihrer Ausstrahlung unseren Zauber dorthin fokussieren konnten.

Dort angekommen erwartete uns eine böse Überraschung. Wir fanden zwar nicht die Gefährtin, aber es befanden sich dort einige tote Ödländer, von denen einer das magische Artefakt trug, welches auf Burg Fheyn verloren ging. Es war jedoch unvollständig. Den Gardisten schien dies jedoch nicht zu kümmern, so daß uns der Verdacht kam, daß wir betrogen worden waren. Wir schlugen ihn nieder, um ihn dann später in unserer Sphäre zu verhören. Das Artefakt wiederum beanspruchte die Magierin für sich, es würde ihrem Orden gehören. Sie teilte uns auch mit, daß sie den Erinnerungen nicht trauen würde und daß es, da ihr Gefährte spurlos verschwunden war nur noch eine Möglichkeit gebe, mit der sie sicher in das Versteck ihres Ordens gelangen könnte. Sie würde ein Ritual vorbereiten, in dem einer der unsrigen dann einen mächtigen Dämonen beschwören würde, auf den sich dann der Jäger, eine Manifestation des Unsichtbaren, stürzen würde. Dies würde ihr die Gelegenheit geben, sicher in ihr Versteck zu gelangen, wo sie uns dann erwarten würde, um uns den Heiltrank gegen die Krankheit auszuhändigen. Wir willigten ein und verließen die Stadt, um nach einer Stunde zu ihr zurückzukehren. In der Zwischenzeit wollten wir denjenigen erwählen, der den Dämon rufen sollte.

Zurück in Escandra brach sofort ein großer Streit aus, da keiner von uns es gestatten wollte, einen solch mächtigen Dämon zu rufen, da dabei die Gefahr bestand, daß das Unsichtbare auf den Convent aufmerksam werden würde und dann gegen diesen vorgehen würde. Wir versammelten uns und beratschlagten, was man als Alternative versuchen könnte, um das Unsichtbare abzulenken. Mit einigen Ideen machten wir uns dann zurück auf den Weg in die Stadt.

Dort erwartete uns die Magierin schon, das Ritual war schon begonnen und vorbereitet, zu Ende geführt zu werden. Wir äußerten unsere Bedenken und breiteten ihr unsere Vorschläge aus, die sie jedoch alle als undurchführbar ablehnte. Sie würde den Dämon auf jeden Fall beschwören, nur um zu verhindern, daß er das Versteck ihres Ordens finden könne. Nachdem ich ein Gespräch mit den ebenfalls anwesenden Phiare geführt hatte, schien sich jedoch anzudeuten, daß uns keine andere Möglichkeit blieb, als dieses hohe Risiko einzugehen. So willigten wir ein und ich meldete mich freiwillig, um den Dämonen zu rufen, da ich, sollte das Ritual fehlschlagen aufgrund der Krankheit nichts mehr zu verlieren hatte. Es erklärten sich dann noch Tanarian und ein Krieger bereit, mich zu begleiten und auf mich zu achten, so daß mir nichts geschehen konnte, soweit man dies bei einem solchen Vorhaben behaupten kann.

Ich vollendete also das Ritual indem ich den Dämonen bei seinem Namen rief, worauf er dann auch erschien. Doch sah ich mich außerstande, den Ort zu verlassen, so daß der Dämon mich bemerkte und anfing, zu mir zu sprechen. Er fragte mich nach meinem Namen, den ich ihm auch gab, so sehr war ich von ihm eingenommen. Auf die Frage, woher ich denn käme, konnte ich jedoch die Kraft aufbringen, nicht zu antworten. Als er weiter zu mir sprach, fühlte ich jedoch einen Zwang zu reden, so daß ich ihm auf seine weiteren Fragen Antwort gab. So erfuhr er von mir, daß er hier getötet werden sollte, daß es „mir“ nur um sein Leben ging. Es gelang dem Krieger schließlich mich ein wenig zurückzudrängen, so daß ich aus seinem Einflußbereich entweichen konnte. Dann bemerkte der Dämon, wohin er gerufen worden war, doch da hatte sich dann doch auch schon das Unsichtbare auf ihn gestürzt und ihn vernichtet. Dann wurde der Zauber unterbrochen. Völlig entkräftet und bar jeder Nerven fand ich mich in Escandra wieder, wo ich erfuhr, daß sich der Zauber, nachdem er von uns unterbrochen worden war, wieder von alleine aufgebaut hatte. Wir traten also noch einmal durch das Portal, worauf wir uns an dem Ort des Ordens befanden, wo uns die Zauberin schon erwartete. Sie dankte uns und gab jedem, der erkrankt war, das Heilmittel. Mir jedoch händigte sie einen Vorrat davon aus, den ich hinterher der Prinzessin Syria Jaldis übergab, so daß sie – da sie sich von uns allen am längsten mit der Krankheit befaßt hatte – ihn analysieren konnte und so vielleicht die Rezeptur erkunden konnte. Nachdem sie uns noch bat, ihr alle Teile der Karte der zerbrochenen Stadt auszuhändigen, damit das Unsichtbare sie nicht erkunden konnte, verließen wir sie und kehrten nach Escandra zurück.

Über die Bedeutung von Fisch in Heilkunst

Heilmagie.

Ist sie nicht von fundamentaler Bedeutung für uns alle?
So schnell kann es geschehen, ein Moment der Unachtsamkeit, und schon zerschneidet das Messer nicht die Tomate, sondern den Daumen.
Und hat man in einem solchen Moment kein Pflaster zur Hand, bleibt einem in der Tat nur Eines: der laute Rufe nach einer Hailärin!!!! (Ohne Beschränkung der Allgemeingültigkeit würde in den meisten Fällen die weibliche Form verwendet. Selbstverständlich behandelt die Text auch männliche Heilerinnen und Verletzte.)

Ich habe diesen Ruf ausgiebig getestet, und siehe da: es gab immer wieder jemanden, der darauf hörte. Folgende Individuen konnte ich auf diese Weise über ihr Metier ausquetschen: die Heilerin (angeblich Großmeisterin) Gjarrelyn Lhydaan Prima Pescatora inter Parias der Manus Satanus im Bunde der Manus Sinistra, den Zauberlehrling Shay san Shalon ap Orwen (eine Schülerin von Orwen von Auria, bedauerlicherweise unlängst verdampft), den magisch vielseitig interessierten Belgabor (auch ein Bekannter von Orwen), den drakonischen Schafhirten Andragos (“Ich wollte nie Heiler werden”), den Barden Hal Lavinn und zuletzt, und in diesem speziellen Fall in der Tat trotz seines Namens am wenigsten wichtig, N’dur-man tur o amandil en tiren-fea , an seinem Namen unschwer als Elf zu erkennen.

“Bei manchen Krankheiten kann es sehr wertvoll sein, Fisch zu essen.” (Shay)
Theoretische Heilereyen

Obwohl ein guter Teil der Leserschaft sich wohl aus den arkanen Zauberinnen rekrutieren dürfte (von den anderen können viele ja auch nicht lesen, der Rest will nicht lesen, was der Konvent so schreibt), kann man, denke ich, keinen einzigen der Heilkundigen, mit denen ich gesprochen habe, zu den arkanen Heilerinnen rechnen – selbst Shay nicht, die sonst in ihrer Ausrichtung wohl noch am ehesten in einen der Konvente, Verzeihung, den Konvent passen würde.

Deswegen kann ich, wenn ich im folgenden die verschiedenen Theorien der Heilkundigen über ihre eigene Kunst (also das, was sie glauben zu tun) beschreiben werde, hier auch nur das wiedergeben, was Gjarrelyn sagt:

“Arkane Zauberer gebieten über die magische Kraft. Diese Kraft oder Essenz ißt in Allem und langweilt sich normalerweise dabei. Bittet man sie um Hilfe (“Magie, mach was Du willst!”), kann sie viel Blödsinn anstellen, aber mit etwas Geduld auch überzeugt werden, peripher oder gar tatsächlich sinnvolle Dinge (wie Heilungen) zu vollziehen.” Laut Gjarrelyn wissen die Zauberinnen dabei normalerweise nicht genau, was sie tun. Aber die Leserschaft vermag das sicher viel besser zu beurteilen.

Gjarrelyn selbst beschreibt ihre eigene Heilkunst als recht wäßrige Angelegenheit: ein Körper sei wie ein Teich, in dem sich die Fische der Lebensenergie tummelten. Wenn der Körper, und damit die Böschung des Teiches, verletzt wird, sterben die Fische oder gehen auf Urlaub, so ein Teich ist ja auf Dauer recht eintönig. Aufgabe der Heilerin ist es nun, die Fische dazu zu überreden, wieder in den Teich zu springen – oder, wenn sich die ursprünglichen Fische schon aus dem Staub gemacht haben, andere Freiluftfische für diese Aufgabe zu rekrutieren. Laut Gjarrelyn muß man dazu oft in Engels- und Seeteufelszungen auf die Biester einquasseln. Aber bis jetzt habe sie noch jeden Fisch im Rededuell besiegt!

Wunden äußern sich also in Fischknappheit. Diese Fischknappheit muß nicht immer von außen verursacht werden – ein Gift ist wie ein Hecht im Karpfenteich, eine Krankheit wie ein Fisch, der plötzlich begonnen hat, seine Artgenossen zu verschlingen. Gifte und Krankheiten sind sich also untereinander sehr viel ähnlicher als beide Wunden gleichen.
Ist jedoch der letzte Fisch entwichen, kommt – nach einer gewissen Zeit – die Sammlerin des Lebenswassers und nimmt das Wasser mit sich. Aus praktischen Gründen erfolgt der Transport meist in Form von Eisblöcken. Daher ist es auch kein Wunder, daß so viele Völker mit ihrer Totengöttin auch Winter und Eis assoziieren. Die Eisfrau hebt das Eis jeder Seele so lange auf, wie sich jemand an die Person erinnert. Ist die letzte Nachfahrin verstorben, die Grabinschrift verwittert und jedes Stück Besitz eines Wesens zu Staub zerfallen, wird die Seele zu Schnee und fällt auf unsere Welt herab, um dort wieder in den ewigen Kreislauf des Wassers des Lebens einzugehen.
Ist jemand also erst einmal tot, muß man den Teich wieder füllen, sonst verrenken sich die Fische die Kiemen, wenn eine übereifrige Heilerin sie in den Teich wirft. Dazu muß die Eisfrau (normalerweise bewaffnet, gefährlich und sehr mies gelaunt) überzeugt werden, das Wasser wieder freizugeben; eine nicht immer ganz einfache Aufgabe, selbst für geübte Rednerinnen wie Gjarrelyn.

Andererseits muß man ebenso darauf achten, nicht zu viele Fische in einen Teich zu locken, denn ein Übermaß an Fisch kann zu oben erwähntem kannibalischen Verhalten führen.
Untote sind wandelnde leere trockene Teiche, die glauben, voll Fisch zu sein.

Gjarrelyn bat mich auch, ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß die Lebensfische sich für den normalen Genuß nicht eignen – nur um hungernden Zauberern diese Flausen auszutreiben.
Auf des Gebiet der Heilung des Geistes hat sie sich bis jetzt noch nicht vorgewagt; der Umgang mit mehr oder minder geistesgestörten Fischen ist wohl auch nicht jederfraus Sache.

Für Shay und Belgabor ist der gesunde Körper eine wohlklingende Melodie, bei der jedes Organ und jeder Knochen ein Instrument ist. Beide haben gelernt, nicht nur hibernianischen Volksliedern, sondern auch dieser Melodie zu lauschen. Natürlich sind aus einem Armstumpf pulsierende rote Gischtwolken ein gewisser Hinweis auf eine leichte Störung des Wohlbefindens – die wahre Verletzung ist jedoch die Veränderung der Harmonie, der Mißton im Gesang des Leibes, der durch die Wunde verursacht wird.

So wie die Zerstörung des Körpers die Melodie stört, kann durch Vorsingen der richtigen Melodie der Körper auch wieder hergestellt werden – man sollte sich nur nicht im Ton vergreifen. Die der Verletzten innewohnende Kraft benutzt die Gewalt der Musik dazu, sich ihr eigenes Bett neu zu formen – und je entkräfteter die Patientin ist, um so schwerer fällt auch das Heilen.

Auch Gifte und Krankheiten äußern sich auf ähnliche Weise. “Eine Wunde ist wie eine einzelne scharfe Spitze, wie wenn man bei einem Saiteninstrument gelegentlich danebengreift. Eine Krankheit ist viel dumpfer, etwas, was ständig da ist – so wie eine leicht verstimmte Saite. Gift ist ein zusätzlicher Mißton, der nicht in den Körper gehört.”, erklärt Belgabor. In Shays Wahrnehmung dagegen sind Gifte eher so, als singe man den falschen Text zur richtigen Melodie; Krankheiten äußerten sich auf sehr unterschiedliche Art und Weise.
Beide haben auch noch nicht sehr viel Erfahrung mit Giften und Krankheiten, und noch weniger mit seelischen Verletzungen. “Da muß ich noch üben, dazu brauche ich ein feineres Gehör.”, so Shay. “Bei manchen Krankheiten kann es sehr wertvoll sein, Fisch zu essen.”, fügt sie hinzu, und, mit einem treuherzigen Augenaufschlag: “Fische sind nette Tiere.”

Wenn Shay heilt, sorgt sie stets für eine brennende Kerzenflamme vor sich. die Flamme ist spirituelles Leitbild und gleichzeitig Warnung: eigentlich freundlich, Wärme spendend und wohltuend für Körper und Geist kann selbst ein so kleines Feuer Schmerzen und Verletzung bringen, wenn man ihm zu nahe kommt. Auch bei der Heilung muß man darauf achten, die Melodie des Körpers nie zu stark zu nähren, denn sonst endet das triumphale Heilercrescendo mit einem glasigen Blick und Strömen von Blut aus Mund und Nase.

Als ich mit dem Barden Hal sprach, erwartete ich, abermals etwas Ähnliches wie zuvor schon von Shay und Belgabor zu hören. Weit gefehlt.

Zwar klingen auch die Melodien seiner Lieder im Körper der Patientinnen wieder, doch dient dies einzig und alleine dazu, der Verletzten die Schmerzen zu nehmen und sie in einen Zustand des Wohlbefindens zu versetzen – andere Heiler mögen hierfür ein Betäubungsgift oder einen Holzhammer verwenden (nach einer für ihr Opfer sehr schmerzhaften Erfahrung hat Shay übrigens gelernt, daß Schlafzauber zu diesem Zwecke nicht geeignet sind).

Hal identifiziert das Problem wenn möglich auf recht konventionelle Weise (“Ich schau halt mal nach, wo Blut herauskommt. Außerdem frage ich den Patienten, wo ihm etwas weh tut.”). Eine sehr fundierte Ausbildung über das Wesen des Körpers hilft ihm dabei. Bei Krankheiten, Giften und inneren Verletzungen genügt dies jedoch nicht. In solchen Fällen muß er sich teilweise in den leidenden Körper versetzen, um dessen inneren Sinne für sich nutzbar zu machen. Töne, die den Körper zum Klingen bringen, können ihm einen Fingerzeig darauf geben, wo es im Körper falsch widerhallt – so wie ein Becher, der einen Sprung hat, anders klingt als ein intakter Becher.

Auch bei der Heilung spielt Hal nicht auf dem verletzten Körper, sondern eher mit ihm: die Töne formen Haut und Muskeln neu, nach einer Vorschrift, die ihnen der Barde und nicht etwa der Körper vorgibt – er ergreift also selbst die Initiative, während sich Shay und Belgabor in ihrem Tun anleiten lassen. Um Krankheiten und Gifte zu heilen, spielt er einfach verschiedene Melodien – so wie ein Schmied vielleicht zu einem anderen Hammer greift, um statt eines Hufeisens eine Zahnspange zu schmieden. Hals Hammer ist die Flöte, ein besonderes Zauberinstrument, das er von seinem Meister erhielt. Heilen könne man wohl auch mit jedem anderen Instrument, aber das sei viel schwieriger, und ihm sei das bislang noch nicht gelungen.
Ob Mensch oder Tier, spielt bei seiner Methode keine Rolle: “Es gibt auch kranke Fische, die man heilen muß.”

Der menschliche Geist ist sehr leicht zu beeinflussen – im Schlechten, wenn einen die Fratze einer Kreatur aus einer anderen Welt noch Monate, ja, Jahre im Traum verfolgt, aber auch im Guten. Hal hat oft keine Schwierigkeiten damit, Ängste zu lindern, Alpträume zum Verstummen zu bringen, und zwischen gespaltenen Persönlichkeiten zu vermitteln.

Es ist bezeichnend, daß viele Zauberinnen zwar mit Flammenwalzen um sich werfen können und fast ohne Mühe (und immer öfter gar aus Versehen) Löcher zwischen den Dimensionen aufreißen, sie aber blind geworden sind gegen das wild weißblaue Singen und Kratzen, das ein Geist ausstrahlt, der von einem gebrochenen Arm gepeinigt wird, blind gegen das trocken wabernde Wimmern, das von einer Seele stammt, die sich in sich selbst zurückgezogen hat. Selbst Hal, der dem Geist helfen kann, versteht wohl nicht wirklich, wie er es tut.
Andragos ist, ebenso wie Gjarrelyn, einer der altgedientesten und renommiertesten Heiler der Mittellande. Er sieht den Körper durchzogen von einem Geflecht von Kraftlinien. Diese Linien verlaufen oft, aber lange nicht immer, gemeinsam mit den Blutadern. Die Kraftlinien sind bei jedem Wesen ein wenig anders und tragen in jedem Teilstück auch die Form der Ganzen. Andragos hat gelernt, diese Kraftlinien zu “sehen” – mit einem der vielen Sinne, die heute bei so vielen anderen Wesen verkümmert sind.

Zerreißt nun eine Verletzung die Linien oder entfernt gar größere Stücke, kann die Heilerin daher lose Enden wieder richtig verbinden oder die fehlenden Stücke ergänzen. Auf welche Art und Weise Andragos dies genau tut, vermag er nicht zu erklären: “Wenn sich die Linien wieder zu einem Ganzen verwebe, dann folge ich alleine meinen Gefühlen. Heilen ist Emotion, nicht Verstand.”

Er greift dazu auch auf seine eigenen Kräfte zurück – manchmal zu ausgiebig: “Es ist wie mit Alkohol: man trinkt und trinkt, und irgendwann versucht man aufzustehen und erst in diesem Moment bemerkt man, wie viel man eigentlich getrunken hat.” Stellt sich eine enge Freundin des Verletzten zur Verfügung, kann Andragos auch deren Ströme anzapfen: “Bei Freunden sind sich die Ströme nahe genug.”
Ein Gift verändert den Inhalt der Ströme, färbt das Wasser und den Fisch grün. Krankheiten äußern sich entweder wie eine Wunde (die Pocken sind ein Beispiel dafür) oder wie ein Gift (Fieber ist von dieser Art).

Der Strom der Lebensenergie ohne den zugehörigen Körper nennt man Geist, ein Körper ohne die Lebensenergie ist eine Untote. Mehr Gedanken hat sich Andragos noch nie über diese Kreaturen gemacht: “Ich hasse Untote. Ich vernichte sie, wo ich sie treffe. Ich will gar nicht wissen, was sie sind.”

Wie man den Geist behandelt, hat auch Andragos noch nicht ergründet. Fisch mag Andragos nicht. Er sei aber auch kein ausgesprochener Fischfeind.

Auch N’dur-man erzählte mir von einer Theorie. Er wollte mir zwar nicht sagen, vom wem sie ist, ich bin jedoch sicher, daß er nur zu bescheiden war, zuzugeben, daß es sich um seine eigenen Überlegungen handelt. Nach seinen Vorstellungen besteht der Körper aus lauter winzig kleinen Elflein, den Fragmentiten, die sich sehr gerne haben und deswegen aneinander festklammern.

Manchmal, wenn man sie mit einem Schwert kitzelt, dann lassen sie los. Das kann auch passieren, wenn ihnen kalt ist, und sie die Hände in die Taschen stecken, oder einfach nur, wenn ihnen langweilig wird. Manchmal streiten sie sich auch, und fangen gar an, sich zu prügeln. Daher kommt der Schüttelfrost beim Fieber. Von manchem Essen wird ihnen schlecht, dieses Essen nennt man dann Gift.

Um jemanden zu heilen, muß man eine gewisse rhetorische Begabung haben, denn es gilt, die Massen der kleinen Elflein von sich und vor allem von ihrer Aufgabe zu überzeugen – ganz ähnlich, wie Gjarrelyn dies bei den Lebensfischen macht.

Eine erprobte Anrede für diese Wesen ist die Formel “Liebe Gemeinde!”, bei der alle kleinen Elflein die Ohren spitzen.

Im Rahmen dieser Theorie die Existenz von Untoten oder Geistern erklären zu wollen, ist jedoch nicht ganz einfach. Aber vielleicht fällt dazu noch mal jemandem etwas ein, und Wiederbelebungen, bei denen andere Heiler mit ihren Erklärungen doch arg ins Stottern geraten, ergeben sich fast von selbst: erst kürzlich trafen sich viele Tausend Fragmentiten, um eine Regald-Revival-Versammlung abzuhalten – allerdings im Großfürstentum Nuremburg, da die Fragmentiten in Heligonia Versammlungsverbot hatten…

“Ich habe noch nicht mit Fischen geheilt oder auf ihnen gespielt” (Hal)
Praktische Heylerai

Über die praktische Seite des Heilens ist man sich sehr viel einiger als über die Grundlagen – egal, auf welche Weise eine Heilerin Wunden behandelt, stets gibt es dabei gewisse Dinge zu beachten. Ich möchte an dieser Stelle auf die sehr lesenswerten Traktate “Heilmagie – und was man wissen sollte, bevor man sie anwendet” sowie “Heiler – und was man wissen sollte, bevor man einen ruft” verweisen, die bei der Autorin Gjarrelyn erhältlich sind.

Nehmen wir für den Augenblick einmal an, man hat es lebend bis zu dem oder der Verletzten geschafft, d.h. man wurde nicht im Dunklen für einen Feind gehalten und abgemurkst, ist nicht in eine der vorsorglich aufgestellten Fallen gelaufen und hat sich auch nicht im Wald verlaufen. Nehmen wir weiterhin an, die Verletzte ist wirklich verletzt und nicht bezaubert, besessen oder eingeschlafen. Nehmen wir an, die Wunde sei zu finden und nicht in den Tiefen eines Plattenpanzers oder unter den Fellen eines prüden Barbaren verborgen. Nehmen wir an, unser Ziel lebt noch, lehnt nicht aus religiösen Gründen Heilungen ab, gehört einer annähernd humanioden Rasse an und gibt kein dämonisches Rülpsen von sich. Dann sollte man zunächst einmal die Wunde gründlich reinigen und, soweit möglich, mit normalen Mitteln versorgen und verbinden. Oft reicht das schon, und dann sollte man es auch dabei belassen. Übermäßiger Gebrauch von Heilmagie schädigt auf lange Sicht den Körper (der verlernt, sich auf normalem Wege zu regenerieren), und verführt die Kriegerin zu einem sorglosen Umgang mit der Gefahr.

Bei schwerer beschädigten Abenteurern jedoch muß man ein klein wenig mehr Mühe geben. Nach einem eventuell sinnvollen Abtransport des Körpers an einen gemütlichen Ort versetze man sich geistig und körperlich in einen angemessenen Zustand (zum Beispiel, indem man sich mit zitternden Fingern seine Lieblingsdroge aus einer Ampulle über die Finger kippt, diese sichtbar gierig ablutscht, dann wirr die Augen verdreht und ein wenig Schaum vor dem Mund bekommt) und flöße seinem Opfer Hoffnung und Zuversicht ein (“Vertraut mir – ich weiß, was ich tue!”).

Hat man ein Maskottchen, z.B. einen kleinen knuddeligen Stoff-Lich, einen echten Kuscheldrow oder eine Schnitzerei seines Lieblingsschafes, dann ist jetzt der richtige Moment, es knapp außerhalb der Blut- und Tränenspritzerreichweite zu plazieren. Shay würde hier eben ihre Kerze anzünden, Hal seine Flöte von Essenresten reinigen. Nach einer gewissen Zeit ist schließlich alles vorbei, so oder so.

Nehmen wir einmal an, die Patientin hat wider Erwarten überlebt. Natürlich erklärt man jetzt der mehr oder weniger Geheilten, sie müsse jetzt ruhen, sonst werde die Wunde gleich wieder aufbrechen, außerdem sei sie durch die Wunde geschwächt und müsse sich schonen. Wird jemand darauf hören? Belgabor jedenfalls hat in dieser Hinsicht keine Illusionen mehr: “Man kann doch sagen, was man will – die kommen so oder so nach kurzer Zeit blutend wieder.”

“Heiler angeln nicht” (Gjarrelyn)
Moralische Hailerey

Wirklich interessant wird es, wenn man einen Blick auf die ethischen Fragen der Heilerei wirft – denn nur wenige Heilerinnen leben in dem Elfenbeinturm, in den sich gerade arkane Zauberer so gerne zurückziehen, wenn es um moralische Fragen geht. So zuckte Gjarrelyn zusammen, als wir gerade über Lebensfische sprachen und ich sie nach Fischhändlern fragte – und danach, ob sie gelegentlich bei anderen angeln ginge. “Heiler angeln nicht!”, entgegnete sie entrüstet. Hal und Belgabor angeln zumindest nicht gerne. Shay hingegen meinte, sie sei erst letztlich angeln gewesen: “Auch Fische leben und sterben.”
Alle Heilerinnen haben bereits in Kriegen Verwundete versorgt und waren von der Richtigkeit ihres Tuns überzeugt – kein Wunder, denn oft genug ging es gegen das Dunkle Reich! Hal will jedoch nur noch in sehr wichtigen Fällen an einem Krieg teilnehmen, und auch Andragos meint, er habe im Verlauf seines Lebens viel zu viel Gewalt und Tod gesehen.
Dabei ist es gerade Andragos, der als einziger auch gelegentlich zur Waffe greift, um sich zu verteidigen. “Jeder Krieger sollte auch ein wenig Heiler sein, dann gäbe es weniger Leid in der Welt”, sagen Gjarrelyn und Shay. Dem widerspricht Andragos nicht. Aber umgekehrt müsse auch jede Heilerin lernen, sich zu wehren. Pazifistinnen wie Gjarrelyn, Hal und Belgabor nennt er blauäugig. “Das Verhältnis zwischen Kriegern und Heilern ist ungesund, und das kommt nicht nur daher, daß Krieger undankbar sind. Heiler bedanken sich genauso selten dafür, daß man sie vor Räubern und wilden Tieren beschützt. Oft genug laufen sie blind und unbewaffnet in ihr Verderben und erwarten, daß andere ihnen aus der Patsche helfen.”

‘Heilerin’ darf sich, so Gjarrelyn, eigentlich nur eine Person mit Fug und Recht nennen, die aus tiefster Überzeugung handelt und alle Verletzten ohne Unterschied mit gleicher Hingabe versorgt. Nach dieser Definition sind Priesterinnen bestenfalls ‘Heilkundige’ – Heilerinnen ohne Moral also. Auf die Frage, ob sie sich selbst eher als Heilerinnen oder als Heilkundige bezeichnen, reagieren Belgabor und Hal eher ausweichend. Andragos erklärt, die Heilerei sei nie sein Lebensziel gewesen und sie sei auch jetzt nicht seine wahre Profession – es habe nur stets genug Verletzte in seiner Nähe gegeben. Auf die Frage, welche der beiden Bezeichnungen denn auf sie zutreffe, ob sie nun Heilerin oder Heilkundige sei, antwortet Shay trocken: “Ich bin Magierlehrling.”

Gläubige Ceriden: bitte überspringt den folgenden Absatz! (Anm. d. Red.: Gläubige Ceriden lesen das Portal nicht!)
Welchen Religionen hängen die Heilerinnen an, und was für eien Bedeutung hat das für die oft heiß unumstrittenen Frage der Wiedererweckungen?

Hal glaubt generell an die Macht der Götter (wenn er auch keinem bestimmten anhängt), Andragos glaubt an die Elementargottheiten Gorm (Feuer), Heimdal (Erde), Nania (Wasser) und Chiron (Luft), Belgabor an die Freiheit des Geistes, Gjarrelyn an Niella, die Göttin der Heilung, und Shay an das Gute im Menschen.

Alle sind sich darüber einig, daß Wiedererweckungen schwierig und gefährlich sind – wegen der dabei entfesselten magischen Kräfte, vor allem aber, weil die Wächterin der Seelen nur zu oft die Heilerin gleich mitnimmt – und “dann verlassen die Fische den sinkenden Heiler!”, wie Gjarrelyn es ausdrückt.

Sie würde aber trotzdem – wie in der Vergangenheit auch schon geschehen – Wiedererweckungen durchführen, wenn das erforderlich sein sollte. Auch Belgabor hat keine grundsätzlichen Vorbehalte, wenngleich ihm die nötigen Kenntnisse fehlen. Diese Kenntnisse fehlen ebenso Hal und Shay, die jedoch eine deutlich kritischere Haltung einnehmen – Wiedererweckungen seien gegen die Natur und nur in den wenigsten Fällen gerechtfertigt. Andragos schließlich meint, er habe bereits an einer Wiedererweckungen mitgewirkt und eine zweite geleitet, und er wolle dieses Risiko nicht noch einmal eingehen. Der Mensch (oder was auch immer) rühre hier an Kräften, die man besser ruhen lasse. Ob er wohl das Unsichtbare meint?

Soll man Mörderinnen heilen? Ja, sagt Shay, wenn sie verspricht, sich zu bessern (würde ich an ihrer Stelle wohl auch bereitwillig tun!). Für Hal, Belgabor und Andragos kommt es sehr stark auf die Umstände an. Gjarrelyn würde ihr die Hilfe verweigern, wenn sie sich sicher ist, daß sie dadurch indirekt anderes Leben rettet.
Wie man bis jetzt wohl unschwer erkennen konnte, hat jede der befragten Heilerinnen sehr unterschiedliche Ansichten und Vorstellungen. Am klarsten tritt der jeweilige Charakter bei folgender, nicht ganz fairer Frage, zutage, die ich allen fünf Heilerinnen gestellt habe, und bei der es keine richtige oder falsche Antwort gibt: wenn sie die Wahl hätten, entweder eine Freundin, oder zwei oder drei Unbekannten das Leben zu retten, wie würden sie entscheiden?

Belgabor weigerte sich, die Frage zu beantworten, was ich ihm nicht verdenken kann. Heilung ist nur eines der vielen Gebiete, mit denen er sich beschäftigt, und wie viele von uns grübeln schon gerne über Leben und Tod nach, wenn sie nicht Tag für Tag damit konfrontiert werden?
Hal würde irgendwo anfangen, ohne nachzudenken – der Zufall würde ihm die Wahl abnehmen. Jede bewußte Entscheidung wäre eine Entscheidung gegen Leben, das er nicht zu retten vermag. Dies aber verbietet ihm die seine Sanftheit und Lebensfreude.

Ganz anders Andragos: er würde alle Fakten sorgfältig abwägen und sich dann sehr bewußt für die eine oder die andere Möglichkeit entscheiden. Die Dinge zu verdrängen hat er sich in jungen Jahren abgewöhnt, und so wird er müder und schwermütiger mit jedem Urteil, das er fällt.
Shay würde sofort ihren Freund retten – wie könnte sie auch anders handeln, sie, für die die wärmende Flamme nicht nur ein Symbol ist, sondern deren Seele selbst Wärme und Licht verbreitet.

Für Gjarrelyn hingegen spielt einzig und allein die Zahl der Leben eine Rolle – alle Wesen sind vor ihr gleich. Sie ist in der Tat eine Heilerin von ganzem Herzen: konsequent bis in jede Faser ihres Körpers, aber auch unsäglich einsam – denn sie kennt weder wahre Feinde noch wahre Freunde. Stets ist der Tod ihre eine Sensenbreite voraus, und längst sind ihre Tränen versiegt für alle jene, denen sie trotz all ihrer Kunst nicht mehr zu helfen vermag.

Von der Spukerei an Richtplätzen, deren Ursache, Gefährlichkeit und sonstigen Auswirkungen

Allgemeine, basitäre, allgemeinbekannte Grundvoraussetzung.
Die Seele des Menschen befindet sich in der Ganzheit seines Körpers, anders ausgedrückt, in seinem ganzen Körper.
Was geschieht nun beim natürlichen Tode des Menschen?
Die Seele verläßt den Körper des Menschen, und zwar durch den Mund.
Beweis: Tiere, besonders Wachhunde reagieren auf die Anwesenheit von Menschen allgemein. Sie tun dies durch Knurren, oder indem sich ihnen zuerst einmal das Fell sträubt. Nun stellten wir fest, daß Hunde im den Räumen Sterbender deren Tod durch Fellsträuben und Knurren anzeige:

Die Tiere bemerken die Bewegung der Seele, die den Körper verläßt, können aber keinen dazugehörigen Körper entdecken und reagieren deshalb auf die beobachtete Art und Weise.
Jetzt stellte sich uns das Problem, wie wir eruieren sollten, durch welche Körperöffnung oder durch welches Körperteil die Seele den Körper verläßt.

Wir lösten das Problem folgendermaßen:
Wir banden einfach entlang der Körper der Sterbenden Hunde fest, so daß wir registrieren konnten, welche Hunde zuerst reagierten. Unser Verdacht, daß die Seele den Körper durch den Mund verläßt verhärtete sich je mehr Hunde wir näher und genauer am Körper der Sterbenden fixierten.

Eine große Zahl dieser Versuche bestätigte es schlußendlich: die Seele des Menschen verläßt den Körper durch den Mund.
Was passiert also bei Hinrichtungen?

Durch das Abschlagen des Kopfes oder das Stran-gulieren des Halses stirbt der Mensch. In beiden Fällen kann die Seele den Körper nicht an einem Stück verlassen:
Im ersten Fall, weil die Seele mit dem Körper entzwei gehauen wurde und im zweiten, weil der Teil der Seele, die im Kopfe angesiedelt ist entweicht, der Rest aber erst später, wenn der Tote abgenommen wird. Wenn am Abend nun Gwon kommt, um die Seelen Verstorbener zu holen, findet er eine zerteilte Seele vor. Und genau diese Seelen kann Gwon nicht mitnehmen, denn wie soll auch ein halber Stern am Himmel erscheinen können. Also bleiben die Seelen der Gerichteten am Richtplatze zurück, und müssen ein trostloses Dasein zwischen den Lebenden führen.

Ihre einzige Möglichkeit dem zu entkommen ist, sich in einem neuen Körper einzunisten. Sie erscheinen den Menschen und bedrängen sie. Dabei nimmt die Gefährlichkeit der Geister mit ihrer Berühmtheit und ihrer Grausamkeit im Leben zu.

Beispiel: Im Jahre 48 vor A. III. wurde die Bande des berüchtigten Seeräubers Ronald des Blonden hingerichtet.
Ronald der Blonde erschien im Laufe der Jahre immer wieder – besonders jungen und hübschen Frauen, während seine Gefährten, Jontar der Bucklige, Flant der Dumme, Smut der Krumme und Hoen der Kleine nie jemandem erschienen sind.

Wie gefährlich es an Richtstätten sein kann zeigt uns folgende Begebenheit:
Im Jahre 123 vor A. III wurde in Nordaron ( heute Grafschaft Darian) der Räuber Grimbold der Grausame hingerichtet. Im Jahre 20 nach A.III schlief der Bauernbursche Gernot seinen Rausch ausgerechnet auf dieser Richtstätte aus. Seitdem behauptet er, Grimbold zu sein. Dieser Mann lebt noch und arbeitet in einer dari-anischen Mine. Gegen geringe Gebühr für den Leiter des Gefangenenlagers darf man ihn besuchen und befragen.

So warnen wir also alle davor sich bei Nacht an Richtstätten aufzuhalten. Wie groß die Gefahr ist, wissen wir noch nicht. Ob es schon reicht, dabei den Mund offen zu haben, oder ob man die ganze Nacht dort verbringen muß, um Gefahr zu laufen, vom Geist eines Hingerichteten eingenommen zu werden, ist noch nicht zu sagen.

Verehrte Leser des Portals und verehrte Gelehrte Heligonias und anderer Länder!

Das Interesse an Forschung und Wissen mag nicht bei allen groß sein, aber das Haus Rebenhain hat dieses Gebiet nie vernachlässigt und wird es auch nicht vernachlässigen.
So gibt es hier immer großes Interesse an neuen Entdeckungen und Erfindungen aller Art. Auch eine zeitweilige, kürzer oder länger dauernde Anstellung für Gelehrte die an großen Dingen arbeiten ist keine Seltenheit.
Die Gelehrten des Hauses selbst arbeiten immer an interessanten Sachen, und freuen sich jederzeit über neue Informationen und Erkenntnisse.
Besucht uns doch einfach einmal, zu welchem Zwecke auch immer.
Dieser Bekanntmachung fügen wir eine kurze Abhandlung zweier in Rebenhain ansässiger Gelehrter bei, ebenfalls zu Veröffentlichung.

Was auf Burg Fhein geschah…

Die Ereignisse, die vor noch nicht all zu langer Zeit auf Burg Fhein in der Baronie Brassach vor sich gingen, wurden bereits im Heliosboten hinlänglich beschrieben. Der geneigte Leser sei also auf den entsprechenden Artikel hingewiesen. An dieser Stelle soll dem arcanen Publikum ein Einblick in den Stand der magischen Ermittlungen gegeben werden.
Ausgangspunkt der Ereignisse war tatsächlich ein Hinweis von unbekannter Stelle, daß Burg Fhein eines der Hauptziele der Ödländer sein soll. Nachdem man zufürderst wenig Glauben in ihn gelegt hatte, wurde beschlossen, dennoch eine Untersuchung einzuleiten. Vor Ort fand man – wie erwartet – zunächst nichts besonderes vor, doch nachdem vor allem das Fundament näher und auch arcan untersucht worden war, wurde offensichtlich, daß tatsächlich irgend etwas unter der Burg verborgen sein mußte. In der Tat stieß man bei Ausgrabungen auf einige höchst interessante Dinge, die in wissenschaftlicher Hinsicht geradezu revolutionär sind. In einigen Metern tiefe unter uralten Mauerbruchstücken versteckt lagen einige Gegenstände begraben, die zum Erstaunen aller aus Ameryll geformt waren. Zur Erinnerung sei noch einmal erwähnt, daß bis zu diesem Zeitpunkt angenommen wurde, daß das mysteriöse Mineral unformbar und unbrauchbar sei. Doch die Fundstücke lehrten die Welt der Gelehrten etwas besseres. In mühsamer Kleinstarbeit suchte man die verschiedenen Teile zusammen und versuchte mit Hilfe der Archive des Nexus Corenae, die Artefakte zu rekonstruieren. In diesem Bericht soll nun auf zwei solcher Gegenstände eingegangen werden.
Das erste, was gefunden wurde, war ein Ring aus Ameryll, der mehrere Meter durchmaß und von einem Zeichen ausgefüllt wurde. Diesem völlig intakten Artefakt ordnete man zwei krallenförmige Säulen zu, die eine Achse tragen konnte, die direkt durch den Ring lief. Der Nutzen dieses Dings blieb lange im Verborgenen, doch durch vorsichtigste und genaueste Untersuchungen konnte auch dies schließlich aufgeklärt werden. Bei diesem Ring handelt es sich offenbar um ein Teil eines noch größeren magischen Komplexes, der in das ursprüngliche, wahrscheinlich sogar präheliotische Fundament der Burg eingelassen ist. Er scheint eine Art Steuer- und Überwachungsmechanismus zu sein, der der Art der arcanen Struktur nach am ehesten mit sehr komplexer Ordo Mechaniscus-Magie verglichen werden kann. Jedoch nur bis zu einer gewissen Grenze, hinter der der Zauberkomplex sehr seltsam wird und sich unbekannter Vorgänge bedient. Wird er aktiviert, so bildet sich um das Fundament und die über ihm stehende Burg ein Wall, der das Innere vom Äußeren Isoliert, jedoch aber für resonierende Dinge durchlässig ist. Auf diesem Faktum beruht auch die Beobachtung, daß Sehen und Hören durch den Wall hindurch möglich war, da es sich bei Bildern und dem Auge, respektive Tönen und den Ohren um Resonanzpaare handelt. Wir vermuten, daß als die Ödländer die Burg angriffen, die Untersuchungsgruppe das Artefakt in Betrieb nahm, um Docartus und die Angreifer fern zu halten. Jedoch erfolgte das Erwachen des Apparatus nach seinem langen Schlaf nur langsam, so daß der Unhold und seine Schergen dennoch eindringen konnten. Jedoch war der Wall nun aktiviert und das Artefakt gut in einem verschlossenen Raum versteckt worden. Hierbei wurde der Verschluß der Tür dieses Raumes mit dem Wall gekoppelt, so daß es Docartus tatsächlich nicht gelang, diese zu öffnen. Es stellte sich heraus, daß der Wall in aktivierter Form sogar so stark war, daß nicht einmal Gwon hindurch konnte, um die Seelen der Toten ins Jenseits zu bringen. Dies ist der Grund für die Anwesenheit von Geisterwesen auf Burg Fhein. Das Artefakt verbrauchte allerdings eine geradezu gewaltige Menge an arcaner Energie, die es aus den Auren der Umgebung zog und in sich konzentrierte, weswegen Begabte beobachten konnten, daß ihnen das Wirken ihrer Kunst außerhalb des Walles sehr schwer fiel innerhalb aber kinderleicht war und fast von selbst funktionierte. Dieser Energiefluß produzierte einen Sog, der die Seelen derer, die außerhalb in einem gewissen Radius um die Burg gestorben waren nach Innen zog.

Daß nun mutige Abenteurer den Wall durchdringen konnten beruht auf einem zweiten Fundstück, dessen Eigenschaften die erste Expedition nutzte und es außerhalb versteckte. Bei diesem handelt es sich um ein komplexes Gitter, daß aus vielen Einzelteilen besteht. Aktiviert wird es, wie sich herausstellte, durch das eher nicht so einfache Zusammenfügen der Teile zu einem (korrekten) Gesamtkomplex. Hierbei kann auf magische Weise eine bis zu einer Grenze beliebige Wirkung hineingelegt werden, die bei Komplettierung realisiert wird. Lapidar ausgedrückt handelt es sich also de facto um eine Art Wunschbrunnen. Die erste Expedition installierte nun einen Zauber in den Wall, der durch die Kraft des zweiten Apparatus getrieben, eine Lücke öffnen konnte. Dies wurde allerdings gesichert durch die Notwendigkeit von verschiedenen Schlüsselkomponenten, die bei der Öffnung anwesend sein mußten. Um diesen Vorgang auch nicht magiebegabten Personen zu öffnen, wurde ein Weg gewählt, bei dem der installierte Zauberkomplex in anwesende Personen manifestiert wurde, die durch Interaktion den Wall auf die geschilderte Art öffnen konnten. Auf diesem zweiten Apparatus beruht wohl auch die Fähigkeit eines Dorfbewohners, der Gerüchten nach über die Fähigkeit verfügte, an bestimmten Stellen in der Nähe der Burg fast beliebige magische Wirkungen zu verursachen.

Bei den Ausgrabungen wurden weitere Artefakte entdeckt, wie zum Beispiel ein mit unbekannten Zeichen versehener Kreis, um den ebenfalls drei krallenförmige Säulen angeordnet waren. Darüber hinaus gab es Hinweise, daß unter der Burg wohl noch mehr begraben lag. Dies mag die Ursache für die weiteren Geschehnisse auf Fhein gewesen sein. Man erfuhr, daß Docartus schon durch die Hand der Geister den Tod gefunden hatte, wie aber zu erwarten war, trieb er nun sein Unwesen ebenfalls als Geist. In dieser Form gelangte er zu den Apparati in die versiegelte Kammer, denn die Geister hatten dennoch Zutritt zu diesem Raum. Dort aktivierte er vor den Augen der Abenteurer den mit Zeichen verzierten Kreis, womit er wohl einige der noch vergrabenen Dinge ansprach und löste so ein Chaos aus. Während er dies noch tat, wurde er den Beobachtungen nach von Schmerz gepeinigt und brach schließlich zusammen, wie auch die beistehenden Abenteurer, die einige Zeit später wieder erwachten und bemerkten, daß Docartus bis auf seine Kleider verschwunden war.

Untersuchungen des Prior Narramus ergaben im Folgenden einige erschreckende Ergebnisse. Nachdem bei Betreten des Kreises einige Personen ohnmächtig, blind und fast wahnsinnig geworden waren, widmete dieser sich der Ergründung der Ursachen hierfür. Docartus scheint bei dem, was auch immer er vor hatte, gescheitert zu sein. Es ist zu vermuten, daß der Grund wohl in den alten und doch schon beschädigten Artefakten liegt, die die arcanen Ströme nicht mehr richtig zu bündeln vermochten und so unweigerlich die Aufmerksamkeit des Unsichtbaren auf sich zogen. Innerhalb des Kreises konnte eine Art Bruch im Gefüge der Wirklichkeit entdeckt werden, der die beschriebenen Probleme verursachte. Zwar gelang es zufürderst nicht, ihn mittels eines magischen Schutzkreises zu isolieren, doch konnte Prior Narramus durch größten magietechnischen Aufwand und hoher Kunstfertigkeit eine Versiegelung des Risses bewirken. Der Ring aus Ameryll konnte ebenfalls gestoppt und der Wall so deaktiviert werden, doch soll an dieser Stelle auch Erwähnung finden, daß zwei Abenteurer das Artefakt zerstörten, wobei einer der Beiden den Tod fand.
Schließlich sei noch eine Vermutung gegeben, warum Phiarae anwesend waren. Bei den Vorgängen auf Fhein war nicht nur eine große Menge Ameryll beteiligt, sondern es kam auch zu Störungen der Realität, wie sie im Parimawald nicht selten sind. Dies mag die Phiarae angelockt haben, wenn auch wie immer unklar ist, was ihre Beweggründe und Absichten sind.

Zur näheren Untersuchung der Ereignisse wird Burg Fhein im Namen seiner allerdurchlauchtigsten Majestät, dem König und des Nexus Corenae bis auf weiteres gesperrt.

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